Montag, 7. September 2015

02.- 05. September: Guatemala, Teil 1:……. eine Flut von Farben, Gerüchen & Eindrücken



Ein bisschen ängstlich fahre ich am Mittwochmorgen rechtzeitig los in Richtung Guatemala’s Grenze. Hab so viel Unterschiedliches gelesen über die Zentralamerikanischen Grenzübergänge: stundenlanges Warten, Geld rüberschieben da & dort um weiterzukommen, aufdringliche „Grenz-Helfer“ etc. Und das ganz alleine. Aber: das hab ich mir so ausgesucht und muss jetzt da auch selber durch ;-)
Gottlob habe ich von Pat, einem Amerikanschen Biker den Tip – und auch den genauen Ablauf - bekommen, in EL Ceibo die Grenze zu passieren, da klein und unproblematisch. Und tatsächlich ist das alles kein Problem. Ich mache auch nicht mehr den Fehler, einfach durchzufahren (die hätten mich tatsächlich einfach wieder durchgewunken) sondern klappere brav die verschiedenen Stationen durch: Zoll & Immigration raus aus Mexiko und dann umgekehrt Immigration & Zoll rein nach Guatemala. Mein einziges „Problem“: der Zollbeamte in Guatemala war total enttäuscht, dass ich keinen Kleber von mir hatte, den er an seine Pinnwand hätte kleben können! Schlussendlich wurde dann das Motorrad sogar irgendwie „desinfiziert“, was 25 Quetzal kostete, ich allerdings nicht genau sah, was er überhaupt gemacht hat. Aber egal. Ich bin durch und kann nun das erste Zentral-Amerikanische Land unter die Räder nehmen. Ehrlich, schon ein cooles Gefühl :-)


Die Strassenverhältnisse ändern sich relativ schlagartig – und das kann man wörtlich nehmen – und die Dörfer und Häuser scheinen ärmlicher. Auch die Signalisation der Strassen ist ziemlich dürftig, was es ohne genaue Navi-Karte (Zentralamerika exisiert bei Garmin leider nicht) nicht gerade einfacher macht, sich zurecht zu finden. Aber zur Not kann man ja schliesslich fragen. Und zu meiner grossen Enttäuschung hat es leider auch in Guatemala die berühmten „bumps“. Nur heissen sie hier nicht mehr „topes“ sondern „tumulos“ und sind meist nicht vorher signalisiert. Und damit noch gefährlicher – aber zumindest hat es weniger davon als in Mexiko. Auf den letzten 30km meines „Etappenziels“ Flores ist die Hauptstrasse nicht mehr asphaltiert, der Schotter allerdings recht unproblematisch. Bis auf nach dem heftigen vorhergehenden Regen ein paar riesige Dreck-Wasserlöcher, teilweise die ganze Strasse querend. Kein weiterer Kommentar dazu ausser: auch die Guatemalteken sind hilfsbereit und meistens hat es bei den Tankstellen auch gleich Auto-Wascher ;-) Die wollen das sogar so perfekt machen, dass sie am Schluss das Motorrad rundherum abtrocknen, obwohl es grad in Strömen regnet! Und die ganze Arbeit für umgerechnet Fr. 1.50.
 


das war mal eine Strassenbrücke, die "neue" ist auf dem linken Photo zu sehen



 
was die können, kann ich bestimmt auch ;-)


















So verbringe ich meine 1. Nacht in Guatemala, alles bestens und ich freue mich auf die kommenden Tage. 2 Guatemalische BMW-Fahrer geben mir am Morgen bei der Tankstelle noch den Tip, welche Strasse ich zu meinem nächsten Ziel nehmen soll und so fahre ich für den Beginn während rund 250km auf einer mehr oder weniger prima asphaltierten Strasse und hab so Zeit, mir die Landschaft und die Leute anzuschauen. Die letzten 65km sind dann allerdings ziemlich deftig. Schotterstrasse mit vielen grossen Steinbrocken durchsetzt, meist steil bergauf und das natürlich wieder bei brütend-schwülheissen Temperaturen. Dann kommen Frau und Maschine an ihre Grenzen; aber da die Leute, die hier wohnen, mit kleinen Motorrädern, mit Menschen vollgepfropften Pick-ups und normalen Autos da rauf fahren, muss das ja auch für mich zu schaffen sein. Unterwegs mache ich in der Nähe eines Hauses eine kurze Verschnaufpause. Die beiden Männer, die vor dem Haus auf der Bank sitzen, winken mich zu sich und ich „wage“ es und fahre zu ihnen hoch. Wie die meisten Häuser hier sehr ärmlich, das Haus aus einem einzigen Raum bestehend. Aber: das ist tatsächlich zusätzlich ein kleiner Dorfladen und sie bieten mir eine Pepsi an – sogar einigermassen kühl. Sie fragen mich natürlich wie gewohnt: woher, wohin, alleine (für sie völlig unvorstellbar), wie viele Sprachen ich spreche, wie sieht die Schweiz aus, die Landschaft, die Häuser, etc. Ihre Toilette, die ich netterweise benutzen darf ein paar Meter vom Haus weg in den Wald hoch und wie zu erwarten - wie bei uns auf der Alp - ein Plumpsklo. Allerdings hatte ich die Beschreibung zuerst nicht ganz richtig verstanden und bin im Gehege der Schweinchen gelandet, was sie natürlich köstlich amüsiert hat. Interessant auch, dass die Ehefrau zwar die ganze Zeit ihren Kopf aus dem Fenster gestreckt und zugehört hatte, aber erst für das „Gruppenfoto“ rausgekommen ist – oder rauskommen durfte. Bin in diesem Punkt nicht ganz sicher, was zutrifft und konnte sie – oder ihn - ja diesbezüglich schlecht fragen. Schlussendlich kam noch eine Horde Schulkinder auf dem Nach-Hause-Weg vorbei und hat eine Trink-Pause gemacht. Wie ich dann wieder losgefahren bin, konnten sie alle „grüezi“ und „tschüss“ sagen – hat eine Weile gebraucht und viel Gelächter ausgelöst, diese beiden Wörter zu lernen J eine schöne Begegnung, die mich wieder einmal in meiner Überzeugung bestärkt hat, dass die meisten Menschen freundlich und total ok sind. Die haben ganz andere Probleme, als mich kleine Schweizerin zu belästigen. Es ist für mich wirklich unvorstellbar, wie die Menschen hier leben: in die obersten Winkel wird noch Mais und sonstiges angebaut, aber ansonsten habe ich keine Ahnung, von was sie leben. 






Dann als krönender Abschluss weg von der Schotter-Hauptstrasse auf eine Nebenstrasse – mit entsprechend nicht besserem „Belag“, diesmal aber steil runter. Zusätzlich bin ich nun tatsächlich das erste Mal an eine „Strassensperre“ gekommen. 2 Arbeiter hatten ein Seil quer über die Strasse gespannt und wollten mich nur bei bezahlen von entsprechendem Wegzoll weiterfahren lassen. Zu meiner Frage: wieso? kam die einfache Antwort: weil wir die Strasse für dich flicken. Tja, was soll ich dagegen sagen. Hab also meine kleinste vorhandene Quetzal-Note (umgerechnet Fr. 2.50) rausgefischt und damit waren sie zufrieden. Und so bin ich doch recht geschafft in Lanquin angekommen, wo ich 2 Nächte bleibe. Gottlob auch diesmal wieder grad rechtzeitig vor dem alltäglichen Regenguss. 

El Retiro Lodge, Lanquin (Semuc Champey)
 Am Freitag hab ich die Touri-Tour gebucht. Was für ein Spass: im Bikini und den Trekking-Schuhen, mit einer brennenden Kerze in der Hand, teilweise schwimmend, teilweise kletternd durch eine Tropfsteinhöhle! Wer Lust hatte, konnte auch noch seinen Mut beweisen: von einer langen Schaukel und von einem Felsvorsprung 5 Meter den Wasserfall runter in den Fluss springen – ja klar, war ich auch dabei ;-) hat sogar dermassen Spass gemacht, dass einmal nicht gereicht hat. Als Abschluss des Vormittags dann gemütlich auf Reifen (und einem Bierchen in der Hand) den Fluss runter. Nach dem  Mittagessen einen steilen und bei den Temperaturen schweisstreibenden Aufstieg zum „mirador“, der seinen Namen zu Recht trägt. Von da oben hatte man einen gigantischen Blick auf den „Dschungel“ und den Fluss mit den natürlichen Pools, die wir dann nach dem Abstieg auch noch schwimmend geniessen konnten. Die ganze Zeit mit dabei: fleissige kleine Helfer, die uns ständig kühle Getränke anbieten wollten, die sie in kleinen Kühlboxen mitschleppten. Sogar im Fluss drin, selber auch auf Reifen mit uns mittreibend ;-)



Am Abend sind wir zu viert ins Dorf rauf und haben in einem kleinen Hüttchen die allgegenwärtigen Tacos (war das einzige im Angebot) zum Abendessen gefuttert. Der obligate Regenguss diesmal leider nicht mit einem kurzen Gastspiel, sondern die ganze Nacht andauernd. Trotz beruhigend schnurrendem kleinen Bettgspänli bin ich mehrmals aufgewacht und je länger die Nacht – und somit der Regen – dauerte, umso mehr fürchtete ich, dass der Zustand der eh schon schwierigen Schotterstrasse nach den langen Regenstunden kaum mehr fahrbar sein könnte. Aber es kam wieder einmal besser wie befürchtet. Pünktlich um 6 Uhr stoppte der Regen und dank den hohen Temperaturen und dem Umstand, dass ich statt frühloszufahren, bewusst bis 9 Uhr gewartet habe, war die Strasse wieder so gut wie trocken und die wenigen Wasserlöcher konnte ich "elegant" umfahren ;-)  So konnte ich die (laut Strassenkarte) 65km lange Schotterstrasse in Richtung Antigua einigermassen beruhigt unter die Räder nehmen. Als ich dann wieder einmal einen meiner vielen Photostops am Strassenrand machte, kam ein Bauer vorbei (mit einer riesigen Machete an der Seite) und hat mich angesprochen und mir viel über die politische Situation im Land und die Probleme der Landbevölkerung erzählt. Ich konnte natürlich nicht wirklich viel zu dem Gespräch beitragen, dazu fehlt mir definitiv der Wortschatz. Aber es schien mir, dass es ihm wichtig war, mir als Touristin dies alles zu erklären. Bei den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen und den mehrheitlich korrupten Kandidaten und Kandidatinnen verständlich. Nachdem ich ja schon so viel gehört und gesehen hatte, habe ich mir dann am Abend in Antigua noch mehr dazu erklären lassen. Mehr zu den Wahlen dann im nächsten Teil. Die Schotterstrasse war dann netterweise nach 20km schon zu Ende und ich somit rechtzeitig zum Abendessen in Antigua – allerdings nachdem ich mich dummerweise in Guatemala City verfahren hatte, was wiederum eine Challenge für sich war: 1. da wieder rauszufinden (ohne Navi) und 2. den noch viel aggressiveren Fahrstil der Guatemalteken zu überleben.




Aber alles Gut und ich bleibe nun ein paar Tage in Antigua, bevor es recht zügig in Richtung El Salvador geht – und ab dann auch nicht mehr alleine, sondern mit einem Reisegspänli. Aber auch dazu dann mehr in meinem nächsten Guatemala-Teil ;-)

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