Ein bisschen ängstlich fahre ich am Mittwochmorgen
rechtzeitig los in Richtung Guatemala’s Grenze. Hab so viel Unterschiedliches
gelesen über die Zentralamerikanischen Grenzübergänge: stundenlanges Warten,
Geld rüberschieben da & dort um weiterzukommen, aufdringliche „Grenz-Helfer“
etc. Und das ganz alleine. Aber: das hab ich mir so ausgesucht und muss jetzt
da auch selber durch ;-)
Gottlob habe ich von Pat, einem Amerikanschen Biker den Tip –
und auch den genauen Ablauf - bekommen, in EL Ceibo die Grenze zu passieren, da
klein und unproblematisch. Und tatsächlich ist das alles kein Problem. Ich mache
auch nicht mehr den Fehler, einfach durchzufahren (die hätten mich tatsächlich
einfach wieder durchgewunken) sondern klappere brav die verschiedenen Stationen
durch: Zoll & Immigration raus aus Mexiko und dann umgekehrt Immigration & Zoll rein nach Guatemala. Mein
einziges „Problem“: der Zollbeamte in Guatemala war total enttäuscht, dass ich
keinen Kleber von mir hatte, den er an seine Pinnwand hätte kleben können! Schlussendlich
wurde dann das Motorrad sogar irgendwie „desinfiziert“, was 25 Quetzal kostete,
ich allerdings nicht genau sah, was er überhaupt gemacht hat. Aber egal. Ich
bin durch und kann nun das erste Zentral-Amerikanische Land unter die Räder
nehmen. Ehrlich, schon ein cooles Gefühl :-)
Die Strassenverhältnisse ändern sich relativ schlagartig –
und das kann man wörtlich nehmen – und die Dörfer und Häuser scheinen
ärmlicher. Auch die Signalisation der Strassen ist ziemlich dürftig, was es
ohne genaue Navi-Karte (Zentralamerika exisiert bei Garmin leider nicht) nicht
gerade einfacher macht, sich zurecht zu finden. Aber zur Not kann man ja
schliesslich fragen. Und zu meiner grossen Enttäuschung hat es leider auch in
Guatemala die berühmten „bumps“. Nur heissen sie hier nicht mehr „topes“
sondern „tumulos“ und sind meist nicht vorher signalisiert. Und damit noch
gefährlicher – aber zumindest hat es weniger davon als in Mexiko. Auf den
letzten 30km meines „Etappenziels“ Flores ist die Hauptstrasse nicht mehr
asphaltiert, der Schotter allerdings recht unproblematisch. Bis auf nach dem
heftigen vorhergehenden Regen ein paar riesige Dreck-Wasserlöcher, teilweise
die ganze Strasse querend. Kein weiterer Kommentar dazu ausser: auch die
Guatemalteken sind hilfsbereit und meistens hat es bei den Tankstellen auch
gleich Auto-Wascher ;-) Die wollen das sogar so perfekt machen, dass sie am
Schluss das Motorrad rundherum abtrocknen, obwohl es grad in Strömen regnet!
Und die ganze Arbeit für umgerechnet Fr. 1.50.
das war mal eine Strassenbrücke, die "neue" ist auf dem linken Photo zu sehen |
So verbringe ich meine 1. Nacht in Guatemala, alles bestens
und ich freue mich auf die kommenden Tage. 2 Guatemalische BMW-Fahrer geben mir
am Morgen bei der Tankstelle noch den Tip, welche Strasse ich zu meinem
nächsten Ziel nehmen soll und so fahre ich für den Beginn während rund 250km
auf einer mehr oder weniger prima asphaltierten Strasse und hab so Zeit, mir
die Landschaft und die Leute anzuschauen. Die letzten 65km sind dann allerdings
ziemlich deftig. Schotterstrasse mit vielen grossen Steinbrocken durchsetzt, meist
steil bergauf und das natürlich wieder bei brütend-schwülheissen Temperaturen.
Dann kommen Frau und Maschine an ihre Grenzen; aber da die Leute, die hier
wohnen, mit kleinen Motorrädern, mit Menschen vollgepfropften Pick-ups und
normalen Autos da rauf fahren, muss das ja auch für mich zu schaffen sein.
Unterwegs mache ich in der Nähe eines Hauses eine kurze Verschnaufpause. Die
beiden Männer, die vor dem Haus auf der Bank sitzen, winken mich zu sich und
ich „wage“ es und fahre zu ihnen hoch. Wie die meisten Häuser hier sehr
ärmlich, das Haus aus einem einzigen Raum bestehend. Aber: das ist tatsächlich
zusätzlich ein kleiner Dorfladen und sie bieten mir eine Pepsi an – sogar einigermassen
kühl. Sie fragen mich natürlich wie gewohnt: woher, wohin, alleine (für sie
völlig unvorstellbar), wie viele Sprachen ich spreche, wie sieht die Schweiz aus,
die Landschaft, die Häuser, etc. Ihre Toilette, die ich netterweise benutzen
darf ein paar Meter vom Haus weg in den Wald hoch und wie zu erwarten - wie bei
uns auf der Alp - ein Plumpsklo. Allerdings hatte ich die Beschreibung zuerst
nicht ganz richtig verstanden und bin im Gehege der Schweinchen gelandet, was
sie natürlich köstlich amüsiert hat. Interessant auch, dass die Ehefrau zwar
die ganze Zeit ihren Kopf aus dem Fenster gestreckt und zugehört hatte, aber
erst für das „Gruppenfoto“ rausgekommen ist – oder rauskommen durfte. Bin in
diesem Punkt nicht ganz sicher, was zutrifft und konnte sie – oder ihn - ja diesbezüglich
schlecht fragen. Schlussendlich kam noch eine Horde Schulkinder auf dem
Nach-Hause-Weg vorbei und hat eine Trink-Pause gemacht. Wie ich dann wieder losgefahren
bin, konnten sie alle „grüezi“ und „tschüss“ sagen – hat eine Weile gebraucht
und viel Gelächter ausgelöst, diese beiden Wörter zu lernen J eine
schöne Begegnung, die mich wieder einmal in meiner Überzeugung bestärkt hat,
dass die meisten Menschen freundlich und total ok sind. Die haben ganz andere
Probleme, als mich kleine Schweizerin zu belästigen. Es ist für mich wirklich
unvorstellbar, wie die Menschen hier leben: in die obersten Winkel wird noch
Mais und sonstiges angebaut, aber ansonsten habe ich keine Ahnung, von was sie
leben.
Dann als krönender Abschluss weg von der Schotter-Hauptstrasse auf eine
Nebenstrasse – mit entsprechend nicht besserem „Belag“, diesmal aber steil
runter. Zusätzlich bin ich nun tatsächlich das erste Mal an eine „Strassensperre“
gekommen. 2 Arbeiter hatten ein Seil quer über die Strasse gespannt und wollten
mich nur bei bezahlen von entsprechendem Wegzoll weiterfahren lassen. Zu meiner
Frage: wieso? kam die einfache Antwort: weil wir die Strasse für dich flicken. Tja,
was soll ich dagegen sagen. Hab also meine kleinste vorhandene Quetzal-Note (umgerechnet
Fr. 2.50) rausgefischt und damit waren sie zufrieden. Und so bin ich doch recht
geschafft in Lanquin angekommen, wo ich 2 Nächte bleibe. Gottlob auch diesmal
wieder grad rechtzeitig vor dem alltäglichen Regenguss.
El Retiro Lodge, Lanquin (Semuc Champey) |
Am Freitag hab ich die
Touri-Tour gebucht. Was für ein Spass: im Bikini und den Trekking-Schuhen, mit einer
brennenden Kerze in der Hand, teilweise schwimmend, teilweise kletternd durch
eine Tropfsteinhöhle! Wer Lust hatte, konnte auch noch seinen Mut beweisen: von
einer langen Schaukel und von einem Felsvorsprung 5 Meter den Wasserfall runter
in den Fluss springen – ja klar, war ich auch dabei ;-) hat sogar dermassen Spass
gemacht, dass einmal nicht gereicht hat. Als Abschluss des Vormittags dann
gemütlich auf Reifen (und einem Bierchen in der Hand) den Fluss runter. Nach
dem Mittagessen einen steilen und bei
den Temperaturen schweisstreibenden Aufstieg zum „mirador“, der seinen Namen zu
Recht trägt. Von da oben hatte man einen gigantischen Blick auf den „Dschungel“
und den Fluss mit den natürlichen Pools, die wir dann nach dem Abstieg auch
noch schwimmend geniessen konnten. Die ganze Zeit mit dabei: fleissige kleine
Helfer, die uns ständig kühle Getränke anbieten wollten, die sie in kleinen
Kühlboxen mitschleppten. Sogar im Fluss drin, selber auch auf Reifen mit uns
mittreibend ;-)
Am Abend sind wir zu viert ins Dorf rauf und haben in einem
kleinen Hüttchen die allgegenwärtigen Tacos (war das einzige im Angebot) zum
Abendessen gefuttert. Der obligate Regenguss diesmal leider nicht mit einem
kurzen Gastspiel, sondern die ganze Nacht andauernd. Trotz beruhigend
schnurrendem kleinen Bettgspänli bin ich mehrmals aufgewacht und je länger die
Nacht – und somit der Regen – dauerte, umso mehr fürchtete ich, dass der
Zustand der eh schon schwierigen Schotterstrasse nach den langen Regenstunden
kaum mehr fahrbar sein könnte. Aber es kam wieder einmal besser wie befürchtet.
Pünktlich um 6 Uhr stoppte der Regen und dank den hohen Temperaturen und dem
Umstand, dass ich statt frühloszufahren, bewusst bis 9 Uhr gewartet habe, war
die Strasse wieder so gut wie trocken und die wenigen Wasserlöcher konnte ich
"elegant" umfahren ;-) So
konnte ich die (laut Strassenkarte) 65km lange Schotterstrasse in Richtung
Antigua einigermassen beruhigt unter die Räder nehmen. Als ich dann wieder
einmal einen meiner vielen Photostops am Strassenrand machte, kam ein Bauer
vorbei (mit einer riesigen Machete an der Seite) und hat mich angesprochen und
mir viel über die politische Situation im Land und die Probleme der
Landbevölkerung erzählt. Ich konnte natürlich nicht wirklich viel zu dem
Gespräch beitragen, dazu fehlt mir definitiv der Wortschatz. Aber es schien
mir, dass es ihm wichtig war, mir als Touristin dies alles zu erklären. Bei den
bevorstehenden Präsidentschaftswahlen und den mehrheitlich korrupten Kandidaten
und Kandidatinnen verständlich. Nachdem ich ja schon so viel gehört und gesehen
hatte, habe ich mir dann am Abend in Antigua noch mehr dazu erklären lassen.
Mehr zu den Wahlen dann im nächsten Teil. Die Schotterstrasse war dann
netterweise nach 20km schon zu Ende und ich somit rechtzeitig zum Abendessen in
Antigua – allerdings nachdem ich mich dummerweise in Guatemala City verfahren hatte,
was wiederum eine Challenge für sich war: 1. da wieder rauszufinden (ohne Navi) und 2. den noch
viel aggressiveren Fahrstil der Guatemalteken zu überleben.
Aber alles Gut und ich bleibe nun ein paar Tage in Antigua,
bevor es recht zügig in Richtung El Salvador geht – und ab dann auch nicht mehr
alleine, sondern mit einem Reisegspänli. Aber auch dazu dann mehr in meinem
nächsten Guatemala-Teil ;-)
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