Freitag, 30. Oktober 2015

25. – 30. Oktober: Kolumbien, Teil 3…… Dschungel, Cañons und eine unglaubliche Gastfreundschaft…..

Früh um sieben geht es los mit Holman, ab in die Wüste Tatacoa. Endlich kann ich auch mal in einem der lustigen Mototaxi’s mitfahren. Das stand schon lange auf meiner „to-do-liste“.
 Nach einer kurzen, rumpligen Fahrt – mit etlichen Schwierigkeiten den steilen Hügel rauf – steigen Holman und ich aus und wir wandern durch den grauen Teil der Tatacoa-Wüste. Holman erklärt mir alles mögliche über Fauna und Flora – wovon ich ca. 50% verstehe, da ausschliesslich in Spanisch ;-) beeindruckend aber sowieso, vor allem auch die totale Stille. 



die Früchte des Kaktus kann man essen und sie sind lecker :-)


Nach einer guten Stunde erreichen wir eine kleine Finca, wo sie dank einer unterirdischen Quelle einen kleinen, lauschigen Pool gebaut haben und sich so einen Lebensunterhalt verdienen können. Ach, tut das gut, nach der doch schon brütend heissen Wanderung, ein paar Minuten im Pool abkühlen zu können.



Doch die Freude währt nur kurz, weiter geht’s, diesmal durch den roten Teil der Tatacoa-Wüste. Die Formationen erinnern mich sehr an den Bryce-Canon in Utah. Nach der Rückkehr ins Dorf ein kurzer Rundgang durch’s (sehr bescheidene) Paläontologische Museum, dann pack ich meine Sachen und ab geht’s nach Neiva.  




erstaunlich, wo und wie die Tiere noch Futter finden in dieser Einöde
















Tatsächlich hat Fredy der Kolumbianische Biker nicht zu viel versprochen und durch seine Ankündigung auf whatsapp habe ich nun die Möglichkeit, in Neiva bei Mauricio und seiner Familie zu übernachten. Neiva ist zwar recht gross, aber wir machen beim Fussballstadion ab und das findet sogar mein Navi problemlos. Mauricio holt mich ab und zusammen fahren wir dann zu seinem Haus. Schnell raus aus den Motorradklamotten, in Neiva ist es in beinahe gleich drückend heiss wie in der Wüste. Da Mauricio’s Frau dummerweise länger arbeiten muss, kann er die mit mir geplante Stadtrundfahrt  leider nicht machen, da ja jemand zum Baby kucken muss. So organisiert er kurzerhand seine „Pulsar“-Klubkollegen (das ist eine Motorradmarke!) und die holen mich dann ab. Lauter junge Leute, die sich – wieder mal - um mein Motorrad scharen und mir dann aber mit Vergnügen die Sehenswürdigkeiten von Neiva zeigen.


















Am nächsten Tag ziehe ich mit Mauricio durch die Stadt, wir besorgen eine neue Kette und während der lokale Mechaniker sie montiert, klappern wir weitere Sehenswürdigkeiten ab. Auch beim Mechaniker dann wieder viele Fragen, nach beinahe einer Stunde plaudern – die Kette ist ja schon lange dran – will ich den vorher mit Mauricio abgemachten Preis bezahlen. Nichts da; der Mechaniker wünscht mir eine tolle Reise und bedankt sich für das spannende Gespräch!!! Wow, es wäre ja eh günstig gewesen (aus meiner Sicht), aber das ist natürlich echt eine tolle Geste. Und das notabene in einem Land, wo die Menschen nicht grad mit dem grossen Geld um sich werfen können. Am Abend dann noch eine neue Erfahrung: ich gehe mit Mauricio und seiner Frau ….. ins Kino. Wir schauen uns Peter Pan an und da bei der Kinokasse „doble idioma“ (zweisprachig) stand, sind wir automatisch davon ausgegangen, dass es englisch mit spanischem Untertitel ist. Nichts da, es war ausschliesslich in Spanisch – bis auf die Film-Songs, die Original in Englisch belassen worden sind. Ooookkkkeeee….. auch so kann man sein Spanisch verbessern ;-) Spass hat’s auf alle Fälle eh gemacht. Am Dienstag dann lotst mich Mauricio noch durch den dichten Verkehr an die Stadtgrenze und wir verabschieden uns herzlich.

Er hat mir bereits meine nächste Unterkunft organisiert, in Mocoa wird mich Oliver und seine Frau Olga in Empfang nehmen. Die Fahrt nach Mocoa führt mich wieder mal durch kleine, quirlige Dörfer, die Landschaft wechselt von wüstenähnlich zu Landwirtschaft (Reis, Mais, Kaffee, Kakao) und dann schlussendlich soweit ich sehe zu dichtem Dschungel. ; In Mocoa wartet Oliver am Dorfeingang und da winken und rufen nichts nützt, schickt er mir kurzerhand ein Motorradkollege hinterher, der mich einholt und zurück zu Oliver führt. Oliver wartet mit seiner Frau, seiner kleinen Adoptivtochter und dem Pinscher auf mich und sie begrüssen mich so herzlich, wie wenn sie mich schon lange kennen würden. Die ganze Familie dann auf den Roller verfrachtet geht’s zu seiner Wohnung. Ich schaffe die knifflige Garageneinfahrt sogar problemlos und bekomme gleich als erstes mal Kaffee und Gebäck vorgesetzt. Trotz meiner Gegenwehr bestehen sie darauf, dass ich ihr Schlafzimmer bekomme, während sie auf einer Matratze im Wohnzimmer schlafen werden. Wo gibt’s denn sowas; ich fühle mich schon etwas komisch, aber für sie scheint das normalste auf der Welt zu sein. Ich bin ihr Gast und der Gast ist König!!



Oliver & Olga in Mocoa















Aus den geplanten zwei werden dann drei Übernachtungen, sie wollen mir alle schönen Sachen zeigen in Mocoa. Ich habe zwar meine Reiseplanung gemacht, aber da kann ich doch nicht nein sagen: Oliver und Olga führen mich zum Cañon del Mandiyaco, in den heimischen Zoo und am nächsten Tag dann während einer 6-stündigen, teilweise abenteurelichen, durch dichten Dschungel führenden Wanderung zuerst zum „ojo del dios“ und dann zum „fin del mundo“, dem letzten und mit 70 Metern höchsten von 3 Wasserfällen. Die Felsformationen, die wunderschöne Flusslandschaft und das ganze mitten im Dschungel, zu hören einzig das Plätschern des Wassers, das Zirpen der Zikaden und die Geräusche der vielen Vögel. Zwischendurch haben wir natürlich Zeit zum baden und viele Photos machen. Ein unglaubliches Erlebnis, zu dem ich auf eigene Faust sicher nicht die Chance gehabt hätte.






da geht's 70 Meter runter!!!
Auch hier am Freitag morgen ein herzliches Abschied nehmen, sie begleiten mich zum Ende von Mocoa, damit ich auch sicher auf der richtigen Strasse lande :-)

Bei beiden Familien bin ich aufgenommen worden, wie wenn wir uns schon lange kennen würden; sie haben sich extra für mich Zeit genommen und haben mich stolz bei ihren Biker-Kollegen "präsentiert". Natürlich spielt auch hier der Umstand, dass ich eine Frau, alleine unterwegs mit dem Motorrad, eine gewisse Rolle. Aber jegliche Motorradfahrer sind ganz einfach willkommen, das ist quasi ein Ehrenkodex und sie wollen sich so gegenseitig das Reisen ermöglichen, da grad die Hotelübernachtungen für viele praktisch nicht bezahlbar sind. Eine solche beispiellose Gastfreundschaft hab ich in meinem Leben noch nicht gesehen!!

Und vorab zur Beruhigung aller: ich werde morgen nicht auf der berühmt-berüchtigten Strasse "devils trampolin" oder „trampolin del diablo (oder del muerte)“ zur Ecuadorianischen Grenze fahren (hat viele Beispiele auf youtube). Oliver hat mir schwer davon abgeraten, da die Schotter-Strasse selber zwar meistens in annehmbaren Zustand ist, sondern vielmehr, weil sie sehr kurvig und eng ist und ich mir meinen Platz neben Lastwagen und Bussen erkämpfen müsste - auf einer Seite Fels, auf der anderen Seite: nichts, Hunderte Meter weiter unten der Fluss. So werde ich die 180km zwar auch teilweise auf Schotter, aber ansonsten auf einer normalen Strassen nach La Hormiga fahren und da die Grenze nach Ecuador überqueren.

PS: wer sich über meinen ungewohnten Haarschnitt wundert: ich habe mir vorgenommen, meine Haare während der Reise nicht zu schneiden. Ich halte durch, auch wenn das grad etwas mühsam ist - und auch nicht wahnsinnig sexy ausschaut ;-)

Samstag, 24. Oktober 2015

20. – 24. Oktober: Kolumbien, Teil 2…… Action, Berge, Flusstäler, Wüsten….unendliche Vielfalt

Am Montag lande ich nach einer ereignislosen Fahrt wieder ausserhalb von Bucaramanga. Der Spot ist bekannt für’s Paragliden, tolle Angebote für 10-Tages-Kurse (hochprofessionell und doch bezahlbar) locken die Touristen. Auch Pat hat sich für einen solchen Kurs entschieden und so begleite ich ihn und nutze die Gelegenheit für einen 20-minütigen Tandemflug. Echt toll, so direkt über Bucaramanga sich von der Thermik nach oben tragen zu lassen. Der Guide fragt mich, ob wir auf dem sanften oder dem akrobatischen Weg wieder an Höhe verlieren wollen. Was für eine Frage!!! Ich weiss einen Moment lang nicht mehr, wo oben und wo unten ist, nachdem er sich in engen Drehungen nach unten geschraubt hat – aber Spass hat’s auf alle Fälle gemacht. 

hoch ueber Bucaramanga
erfolgreich gelandet...... offensichtich it viel Spass :-)

Am nächsten Tag dann zurück zu meinem ursprünglichen Ziel: Villa de Leyva. Eine kleine Stadt in den Bergen, endlich angenehme Temperaturen, wieder einmal wissen, wofür die Leintücher & Wolldecken auf den Betten eigentlich gedacht wären! Ich habe in meinem Navi „Schotterstrassen“ noch als mögliche Routenwahl drin und mein Navi führt mich mehr als einmal auf Feldwege, die den Namen „Weg“ kaum verdienen und so dauert es eine Weile, bis ich Villa de Leyva ankomme. Das total schöne Hostel (Finca Renacer) liegt 20 Minuten zu Fuss von Villa de Leyva entfernt, gleich hinter der Militärbasis…. also wieder einmal total in Sicherheit die nächsten beiden Nächte ;-)







Ich erkunde gemütlich das Dorf – gottlob keine Touristensaison und somit total unspektakulär, mehrheitlich Bewohner und ein paar wenige ausländische und kolumbianische Touristen. Während ich bei einem Bierchen meiner Lieblingsbeschäftigung (nach dem Motorradfahren) auf meiner Reise nachgehe – Menschen beobachten – werde ich Zeugin eines „Hunde-Dramas“: Auf dem riesigen Dorfplatz hat es sich einer der vielen Hunde direkt vor dem Hinterrad eines Pickups im Schatten gemütlich gemacht. Die jungen Besitzer stehen daneben, alle plaudern miteinander. Als der Fahrer mit dem Abladen seiner Ware fertig ist, will er losfahren. Leider verpasst der Hund diesen Moment und so wird er vom Hinterrad zumindest angefahren. Natürlich fängt er herzzerreissend an zu heulen. Die Besitzer klopfen verzweifelt an die Fenster des Pickups – der auch sofort bremst und zurückfährt, als er realisiert, was passiert ist. Die Besitzerin wiegt den heulenden Hund – selber auch heulend – in den Armen. Sämtliche Hunde, die sich auf dem Platz befunden haben, rennen zu ihrem leidgeprüften Artgenossen. Und in etwa gleich viele Menschen rennen dazu: veterinario, veterinario wird gerufen….  Der Hund wird mitsamt Besitzerin in den Pickup geladen, der dann auch sofort losfährt – ich nehme mal an zum Tierarzt. Es dauert eine ganze Weile, bis sich die Gemüter von Hund und Mensch wieder beruhigt und alle an ihre vorgängigen Standorte zurückgekehrt sind. Die einzige, die dem ganzen Vorfall keine nähere Beachtung geschenkt hat ist die vielzählig anwesende Polizei. War ja schliesslich nur ein Hund und dafür werden sie wohl nicht bezahlt.
Am Donnerstag dann weiter in Richtung Honda, als Zwischenstop auf dem Weg zur „Wüste Tatacoa“. Diesmal habe ich meinem Navi den Weg quasi aufgezwungen, hat es eine Strasse von rund 100km nicht mal zur Auswahl. Aber da sie auf google.maps als Hauptstrasse drin ist, wage ich den Versuch. Nachdem ich die Hauptverkehrsachse Norden – Bogota (mit gleich zwei mobilen Geschwindigkeitskontrollen) verlassen habe, schraubt sich die Strasse munter den Berg hinauf, bis beinahe auf 3000müM. Meine Suzy zeigt keine Höhenschwierigkeiten und es macht mächtig Spass, 
kommt schon fast Schweizer-Pass-Feeling auf. Naja, die Qualität der Strasse ist allerdings dann doch durchzogen, aber daran habe ich mich inzwischen ja gewöhnt. Wie diese Strasse sind viele Nationalstrassen abwechselnd asphaltiert, nicht asphaltiert, Waschzubergrosse Löcher drin, tiefe Absenkungen (sog. hundimientos) – aber mit der nötigen Wachsamkeit, lässt es sich doch prima cruisen. Nach der Passhöhe runter in ein wunderschönes Tal, das während gut 50km einem Fluss entlang verläuft. Bei einem Tank-Pause-Stop werde ich wieder mal von den anwesenden Männern umringt und nach meinem Motorrad ausgefragt. Die entsprechenden motorrad-technischen Ausdrücke habe ich mir inzwischen auf Spanisch angeeignet, damit ich ihnen auch professionell Auskunft geben kann ;-)














jedes Dorf mit eigener Begrúessungstafel: "Willkommen in Palma, Gebiet von grosser Guete" :-)
Am Ende des Tals dann wieder den Hügel rauf und dann für die nächste Stunde den Hügeln entlang auf die andere Seite des Tals, diesmal ausschliesslich auf Schotter. 2, 3 kleine Doerfer unterwegs, alle mit huebscher Kirche und dem obligaten Dorfplatz in der Mitte. Und als Sahnehäubchen zum Abschluss kurz vor Honda dann eine total neu asphaltierte, kurvenreiche Strasse runter. Auf die Gefahr hin, dass ich die Nicht-MotorradfahrerInnen damit langweile…das war ein Fahr-Tag, wie er nicht schöner hätte sein können. Dass ich dann noch in einem günstigen Hotel mit Pool lande und als einziger Gast mit einem feinen Abendessen verwöhnt werde, macht das Ganze nur noch perfekter.
Am Freitag stehen dunkle Wolken am Himmel, ich frage mich schon, wie lange es dauert, bis ich den Regenanzug montieren darf. Und tatsächlich, nach nicht einmal einer halben Stunde ist es soweit. Ich bin inzwischen gottlob recht schnell im Anziehen, kommt das Gewitter doch zügig auf mich zu. Aber so schnell wie es gekommen ist, zieht es auch wieder vorbei. Da die Temperaturen hier im Tal sofort in die Höhe schnellen, nutze ich die erstbeste Tankstelle um etwas zu trinken und die Regensachen wieder aufs Gepäck zu schnallen. Dabei werde ich von zwei Kolumbianischen Motorradfahrern angespochen. Sie fragen mich nahc meienr Reise aus, haben sie mit ihrem Club doch geplant, Mitte November auch nach  Argentinien zu fahren. Das übliche Erinnerungsphoto darf nicht fehlen und Fredy – einer der beiden Motorradfahrer – verspricht mir, mir Kontakte in Kolumbien und Ecuador zu senden, ist er doch Präsident des Motorradclubs von Pereira und kennt natürlich gaaaanz viele Motorradfahrer. Da bin ich ja mal gespannt ;-)
Weiter geht’s in Richtung Villevieja und der „desierto de Tatacoa“. Der erste Abzweiger – laut meinem Navi - zeigt klar auf eine Schotterstrasse und weil ich in dieser Richtung dunkle Gewitterwolken sichte, fahre ich einfach mal weiter, habe ich im Moment irgendwie grad keine Lust auf eine Regenfahrt auf Schotter. Einige Kilometer weiter dann das offizielle Schild in Richtung Desierto de la Tatacoa. Ist zwar auch eine Schotterstrasse, aber da sich die Gewitterwolken inzwischen etwas verzogen haben, wage ich den Versuch. Wundere mich zwar, da mein Navi 1. wieder mal gar keine Strasse zeigt und 2. die Strasse klar in Richtung Fluss führt. Mal schauen; wenn das der offizielle Weg ist, muss das ja gehen. Und prompt sehe ich zwar auf dem Weg zum Fluss ein Schild für eine Fähre, beim Rio Margarita angekommen ist diese aber klar nicht in Betrieb sondern sitzt „auf dem Trockenen“. Aber da ist ein kleines Boot, eine sogenannte „lancia“. Ein älteres Päärchen fährt gleichzeitig mit ihrem Motorrad hin und so frage ich, ob mein Motorrad auch da drauf passt. Aber klar doch, meint der junge Bootsführer und bugsiert meine Suzy ohne grosses Zaudern auf das Boot, das kleine Motorrad hinterher. Ich darf ihm nicht helfen, was vermutlich auch besser ist, er hat das offensichtlich im Griff. Eine kurze Fahrt über den Fluss und auf der anderen Seite genau gleich unzimperlich ausgeladen. Kostenpunkt: Fr. 1.20; nach der Überquerung einer mir immer noch abenteuerlich anmutenden Holzbrücke über einen kleinen Bach und nach den weiteren 20km Schotterstrasse komme ich gut in Villavieja an. 



meine Suzy auf der kleinen "lancia" :-), mit Blick auf das andere Ufer









Suzy sicher untergebracht...









Hier genehmige ich mir erstmal ein kühles Bierchen und ein grosses Wasser, bevor ich mir eine günstige Bleibe suche – und auch finde: einfachste Einrichtung, aber sauber und sogar mit eigenem Bad. So freue ich mich nun auf die morgige Wüstentour mit Holman – einem lokalen Guide -  auf dem obligaten Mototaxi ;-) …. mehr dazu dann im nächsten Blog…. hasta luego