Mittwoch, 26. Juni 2019

SuzyBlue goes east 2019:Uzbekistan Teil 2: historische Städte und Kultur "en masse".... 18.- 26.06.

Khiva ist die in ihrer Bausubstanz ursprünglichste der drei bekannten Städte, die ich besuchen werde und die Altstadt ist vollumfänglich von der Stadtmauer eingeschlossen. Dadurch hat sich das Finden des Hotels etwas schwierig gestaltet. Mein Navi ist vor dem sogenannten Südtor einfach stehen geblieben....hmmmm... das ist ja nun keine brauchbare Lösung. Aber hilfsbereit, wie die Usbeken sind, haben sie mir sehr ausführlich erklärt, wie ich nun mit dem Motorrad in die Altstadt und somit zu meinem Hotel komme (5 Männer, 5 verschiedene Vorschläge!). Hat dann zwar noch einen Moment gedauert, da es gefühlt hundert verwinkelte kleine Gassen gibt und man praktisch durch die Stube der Einheimischen fährt. Aber das hat man halt, wenn man mitten drin logieren will. Khiva wurde im 6. Jh. nCh gegründet und war noch bis Ende des 18. Jahrhunderts Dreh- und Angelpunkt für den grössten Sklavenhandel in dieser Region!
Die Altstadt ist wirklich sehr beeindruckend und ich geniesse es trotz brütender Hitze durch die Gassen zu spazieren, die alten Gebäude zu studieren und den einheimischen Verkäufern beim Handeln zuzuschauen. Die vielen Stände mit allerlei Waren nehmen zum Teil klar Bezug auf die lange Zeit der "Khans" und der Russen. Es hat recht wenig Touristen hier, alles scheint ruhig und gelassen. Ein Ort zum "runterfahren". Khiva ist zwar für die meisten Usbekistan-Reisenden auch Teil ihres Programms, aber Samarkand und Buchara sind bekannter und entsprechend mehr besucht - dazu aber später mehr. Auch Kulinarisch komme ich nicht zu kurz, ich probiere wann immer möglich, lokale Gerichte zu bestellen. Und komme so kaum aus dem Schlemmen heraus; bei den Preisen hier in Usbekistan sogar total günstig  ;-)
Hier nun also ein paar Eindrücke der beiden Tage, die ich in Khiva verbracht habe.



 





  






Hände waschen bevor man das Restaurant betritt gehört dazu...



Am Donnerstag geht's weiter nach Bukhara. Eine gut 420km lange Fahrt, ein letztes Mal grösstenteils durch die Wüste. Normalerweise fahre ich ja nicht solch lange Strecken am Stück, schon gar nicht bei diesen hohen Temperaturen, aber zwischen den beiden Städten gibt's tatsächlich einfach NICHTS!! 100km geradeaus, eine leichte Linkskurve und wieder 100km geradeaus. Und so geht's weiter bis nach Bukhara. Da bin ich schon beinahe froh um die teilweise zahlreichen Schlaglöcher: sie verlangen jederzeit volle Konzentration und halten mich so wach. 





In Bukhara übernachte ich wieder in einem "family owned" Hostel. Die Familie hat 2,3 Räume für Touristen eingerichtet, Terrasse, Wohnzimmer und Küche werden auch von ihnen genutzt. Ich werde - kaum angekommen - gleich zu Tisch gebeten und während ich den traditionellen "Plov" esse, fragen sie mich ungeniert über die Schweiz aus, bin ich doch ihr erster Gast aus der Schweiz. Mir fällt wieder einmal mehr auf, dass die meisten Leute hier meistens die Hauptstadt der Länder benennen können. Es scheint, dass das zum "Touristen-Lehrprogramm" gehört ;-)

Auch hier kann ich die Altstadt zu Fuss erkunden und mache mich gegen Sonnenuntergang ein erstes Mal auf zur Besichtigungstour. Die Städte hier gehören zu den wenigen, wo ich mich auch nachts problemlos raus begebe. Komplette Überwachung hat manchmal auch seine Vorteile. Am nächsten Morgen dann nochmals alles in Ruhe und bei Tageslicht. 
Bukhara war bereits im 9. Jahrhundert die religiöse und kulturelle Hauptstadt der Samaniden. Verschiedene Herrscher wie Dschingis Khan, die Perser und schlussendlich auch die Bolschewiken haben der Stadt ihren Stempel aufgedrückt. Schon beinahe unzählige Medressen, Moscheen, Minarette, Bazare und die gewaltige Burgfestung laden zum Erforschen ein. Das 47 Meter hohe Kalon-Minarett alleine ist schon beinahe ein Besuch wert. Dschingis Kahn soll dermassen beeindruckt von diesem kunstvoll gestalteten Minarett gewesen sein, dass es als eines der wenigen Gebäude von dem zerstörerischen Wüten seiner Truppen verschont blieb. 

 








Aber auch die vielen Karawansereien sind einfach herrlich, auch wenn heutzutage schon alles auf die Touristen ausgerichtet ist. Aber auch hier sind die Verkäufer dezent und versuchen die Touristen nicht penetrant und um jeden Preis zum Kaufen zu überreden. So kann man (Frau) genussvoll durch die überdachten Bazare wandeln.

  



Und natürlich kann ich auch hier einer meiner liebsten Beschäftigungen nachgehen: gemütlich irgendwo sitzen, einen Chai trinken und dabei den Menschen zuschauen... 




Am Samstag geht's nun bereits nach Samarkand, die Fahrt dahin unspektakulär und auch recht langweilig. Viel Landwirtschaft, immer noch flach und praktisch keine Schlaglöcher ;-)
In Samarkand komme ich in einem relativ "neuen" Hostel unter. Die Besitzerin, eine ehemalige Ingenieurin, ist pensioniert - in Usbekistan wird man mit 55, resp. 57 Jahren pensioniert!! -  und hat das Haus zusammen mit ihren Kindern umgewandelt. Entsprechend familiär ist die Stimmung, ich werde quasi sofort als "kleine Schwester" adoptiert und wie meistens auch grad "gefüttert" :-) 

 

Samarkand wurde bereits im 8. Jahrhundert vor Christus gegründet und hatte nach diversen wechselnden Herrschern seine Blütezeit als wichtiger Standort der Seidenstrasse während der Regierungszeit von Timur um 1370.  Er hat viele Bauwerke in Auftrag gegeben und das kulturelle und wirtschaftliche Leben entscheidend in Schwung gebracht. Aus seiner Zeit stammen auch die bekanntesten Bauwerke mit klingenden Namen wie: Registan, Bibi-Khanym Moschee, Ulugbek Medressa.... nur um ein paar wenige zu nennen. Eine Medressa ist übrigens eine Art Gymnasium, also ein Ort, in dem nebst vor allem der Religion auch andere Fächer wie Mathematik, Asteorologie, Physik gelehrt wurde. Eine Medressa hatte sowohl Unterrichtsräume, Gebetsräume wie auch Schlafräume für die Studenten.
Im18. Jahrhundert wurde Samarkand von mehreren Erdbeben heimgesucht und dabei wurden viele der Gebäude praktisch zerstört oder schwer beschädigt. Erst während der "Herrschaft" der Russen wurde mit dem Wiederaufbau begonnen und seit diese Städte Teil des Unesco-Weltkulturerbes sind, werden sie auch fachmännisch restauriert.

Am Sonntag engagiere ich den jüngsten Sohn der Hostelbesitzerin als Guide, der sich nach seinem Studium auf dieses "Geschäft" spezialisiert hat. Während rund 6 Stunden erhalte ich einen ausführlichen und sehr spannenden Einblick in die Geschichte, Kultur und Religion von Samarkand. So macht das Entdecken dieser unglaublich schönen Stadt doppelt Spass und ich komme kaum nach, all die Eindrücke, herrlichen Farben und Formen zu speichern.
Gerne lasse ich deshalb wieder einmal mehr die Bilder für mich sprechen:

















Schweren Herzens lässt mich Lula, die Hostelbesitzerin am Montag dann wieder ziehen. In zwei Etappen fahre ich bis Andijon, das nur 45km von der kirgisischen Grenze entfernt ist. Die Strasse führt mich über einen knapp 2000m hohen Pass ins Fergana-Tal, das zu Recht den Beinamen "Kornkammer Usbekistans" trägt. Endlich sind nun auch wieder Berge in Sichtweite, das Pamir Alay-Gebirge ist schon sehr nah. 






In Andijon selbst gibt es nicht viel zu sehen, aber ich gönne mir noch einen zusätzlichen Tag, um eine einheimische Seiden-Fabrik zu besuchen. Schliesslich befinde ich mich ja immer noch auf der "Seidenstrasse" :-)

Die Yodgorlik Seidenfirma ist ein altes Familienunternehmen, das rund 200 Mitarbeitende beschäftigt - darunter bewusst auch einige Personen mit Beeinträchtigungen - und das meiste wird noch in alter Tradition verarbeitet.  Es steht sogar noch ein mehr als 150 Jahre alter Maulbeerbaum auf dem Gelände, der früher für die Aufzucht der Seidenraupen gebraucht wurde. Ich lasse mir im Detail erklären, wie die Seide hergestellt (die armen Tierchen, die dafür ihr Leben lassen müssen), gefärbt und entweder zu feinsten Stoffen oder Teppichen verarbeitet wird. Unglaublich spannend und auch beeindruckend, was die Frauen in teilweise monatelanger Arbeit für Kunstwerke herstellen. Beim Weben der Stoffe und Teppiche sieht man übrigens nur Frauen; die jungen Männer von heute hätten nicht mehr die Geduld, die für diese Arbeit zwingend nötig sei. Originalzitat des Guide ;-)
Die Führung ist kostenlos und man merkt, dass die Menschen noch stolz sind auf ihr Handwerk. Für mich ein gelungener Abschluss dieses doch so überraschenden Landes. 














oben ein Photo, unten der handgewebte Teppich!!!
Morgen geht's nun über die Grenze nach Osh, Kirgistan. Ein weiteres Kapitel in meinem Reisetagebuch öffnet sich....

Nachtrag: 
ich werde übrigens von den Einheimischen immer wieder spontan gefragt, ob sie mit mir zusammen ein Photo machen dürfen. Die Menschen sind begeistert von meinem Fortbewegungsmittel und dass jemand sooooo weit und sooooo lange mit dem Motorrad nach Usbekistan fährt. Sehr selten übrigens schütteln die Männer mir die Hand. Das gehört sich nicht. Sie bezeugen aber ihre Freude und ihren Respekt mit einer leichten Verbeugung oder Kopfnicken und halten dabei die rechte Hand auf's Herz. Und lächeln mich mit ihren goldbesetzten Zähnen herzlich an. Das allerdings ist für mich immer noch ein ungewohnter Anblick und manchmal kann ich mir ein Grinsen echt nicht verkneifen.