Obwohl ich Cusco ja eigentlich am Montag verlassen wollte, hab
ich mich am Sonntag von Alan, einem lokalen Biker überreden lassen, noch 1,2
Tage anzuhängen. Ich konnte bei ihm übernachten und hab so die Gelegenheit
genutzt, endlich einen Aufkleber zu drucken (ein absolutes „must“ als
Motorradfahrer hier in Südamerika) und das „Problem“ mit dem Kühlerwasser von
einem Motorradmechaniker anschauen zu lassen. Dass Ira, Günter und Andres (ein
Chilenischer Motorradfahrer) auch noch in Cusco sind, hat mir die Entscheidung
leicht gemacht. Zwei gemütliche Tage und Abende, wobei ich am Montag mit Jorge
und Tomas sogar noch eine Ausfahrt durch die herrliche Berglandschaft rund um
Cusco machen kann. Leider hat auch mich nach 5 Monaten doch noch etwas Pech
eingeholt; bei einem Rundgang durch Inka-Ruinen wird mir eine der beiden Gepäcktasche
aufgeschnitten und unter anderem das ganze Trekkingzeugs geklaut; naja, gut hab
ich das Trekking bereits gemacht – ab jetzt heisst es halt „nur“ noch
Motorradfahren und nicht mehr laufen ;-) das ist Teil des Risikos, das ich mit
sogenanntem „Softgepäck“ eingehe; ich kann zwar schauen, dass die Taschen nicht
vom Motorrad wegkommen, aber 100% Sicherheit gibt’s bei denen nicht, da eben
soft und somit nicht abschliessbar.
Am Mittwoch dann doch endlich los in Richtung Bolivien; mein letzter Zwischenstop in Peru soll Puno sein, das ich erst recht spät erreiche, weil ich unterwegs noch 5 Motorradfahrer von Cusco angetroffen und mich ihnen kurzerhand zu einer kurzen Seen-Rundfahrt angeschlossen habe. Verpasst habe ich in Puno aber nichts, da an diesem Tag eine grosse Demonstration stattgefunden hat; die Menschen haben für günstiges Wasser demonstriert. Wasser ist in diesen Gegenden keine Selbstverständlichkeit und da es verteuert wurde, ein Grundnahrungsmittel, plötzlich kaum mehr erschwinglich. Für uns unvorstellbar – aber das passiert, wenn die Gemeinden die Wasserquellen an private Firmen verkaufen und es somit zum Spekulationsmittel wird. Die Strassen haben ausgeschaut wie nach einem Erdbeben: Steine, ganze Felsbrocken, viel zerschlagenes Glas; die Stimmung in der Stadt immer noch ziemlich „geladen“. So habe ich mich im erstbesten günstigen Hotel mit sicherem Parkplatz einquartiert und bin am nächsten Morgen früh los in Richtung Grenze, entlang dem beeindruckenden Titicacasee :-)
Es ist schon fast ein Vergnügen, das Land zu wechseln, wenn ich das Prozedere mit den Grenzübergängen in Central-Amerika vergleiche.
Dank der Vorwarnung von Michael, der mit mir auf der Stahlratte war und La Paz gut 10 Tage früher erreichte, konnte ich das Verkehrschaos in El Alto gut umfahren und habe rechtzeitig den wunderbar ruhig gelegenen Camping Colibri erreicht. 3 Nächte in einem coolen Tipi, herrliche Sicht auf das „Tal der Blumen“ und die gegenüber liegenden Berge und das Ganze ohne Gehupe und Hundegebell; einfach Natur pur.
Am nächsten Tag „durfte“ ich mich um den Ersatz von Kette&Ritzel kümmern; dummerweise habe ich das in Peru nicht mehr kontrolliert – Dummheit wird ja bekanntlich früher oder später bestraft. Kein leichtes Unterfangen in Bolivien, da Motorradteile kaum vorhanden. Gottlob hatte mir Andres noch einen Motorradfahrer-Kontakt in La Paz gegeben und mit Hilfe von Marcelo und seinem „Haus-Mechaniker“, konnte Kette und Ritzel tatsächlich gewechselt werden, wenn auch zu einem Vielfachen des Preises von Peru. Während ich auf mein Motorrad warte, bin ich durch La Paz getummelt, hab eine der vier Gondeln genommen, die über die Stadt schweben. Die Bauweise von La Paz ist wirklich speziell: die umliegenden Hügel und Täler sind total verbaut und so ist man ständig am entweder steil runter oder steil rauflaufen.
Schon am Montag dann wieder weiter in Richtung Potosi, der berühmten Silberminen-Stadt. Da mir Ronaldo, der Camping-Besitzer, von der Berg-Route abgeraten hatte, da in sehr schlechtem Zustand und mit etlichen defekten Brücken, fahre ich auf der normalen Hauptstrasse und komme dadurch auch viel schneller voran wie geplant. So wird aus dem 2-tägigen Trip nach Potosi ein Tag und ich habe Potosi zwar müde vom langen Fahren, aber doch noch lange vor Einbruch der Dunkelheit erreicht – Bolivien ist netterweise eine Stunde zurück und somit wird es eine Stunde später dunkel ;-) Nicht ganz einfach, hier ein bezahlbares Hostel zu finden, da auch Potosi ein Gewirr der üblichen, kleinen Einbahnstrassen. Auch hier hat mir anschliessend ein 2-stündiger Rundgang gereicht; ich gestehe hier und jetzt offiziell, dass ich mit Städten einfach nicht viel anfangen kann: schöne Hauptplätze, 2,3 wunderschöne Kathedralen und Kirchen, herrliche Kolonialbauten – im Falle von Potosi mit lustigen, rausstehenden Balkonen.
Aber das wiederholt sich mehr oder weniger in jeder Stadt. Viel mehr geniesse ich die Fahrten durch die unglaublich vielfältigen und spannenden Landschaften, sehe die Bevölkerung in ihrem – leider meist sehr ärmlichen- Alltag. Während dem Fahren kann ich mit allen Sinnen das Land wahrnehmen und geniesse dazu natürlich noch das Fahren an und für sich – das mir übrigens auch nach 5 Monaten „on the road“ noch überhaupt nicht verleidet ist!
So verlasse ich auch Potosi am nächsten Morgen bereits
wieder, Uyuni und den berühmten Salzsee im Visier. Ich habe mir noch überlegt,
eine Tour durch die Silbermine zu buchen; aber zu sehen, unter welch harten,
unmenschlichen, ur-alt-Bedingungen die Bergwerkleute heute noch arbeiten
müssen, um einen kleinen Lebensunterhalt unter Lebensgefahr zu verdienen, das
wollte ich mir dann irgendwie doch nicht antun. Während der Fahrt – mit kaum
Verkehr – verändert sich die Landschaft langsam aber sicher und wird immer
wüstenähnlicher, karger.
statt Tafeln mit Pfeilen, werden hier ganz einfach Steine aufgehäuft und knallgelb bemalt - Zweck erfüllt :-) |
Ich erreiche Uyuni schon am frühen Nachmittag und habe so prima Zeit, mir zu überlegen, wie ich den Salar am besten erkunde. Ich rufe kurzerhand Robin an, der geführte Motorradtouren anbietet und wir treffen uns, um das zusammen zu besprechen. Robin ist ein passionierter Motorradfahrer und Offroader, der „dank“ seiner Frau in Bolivien gelandet ist und sich zusammen mit einem Bolivianer dieses Unternehmen aufgebaut hat (www.motorcyclestoursbolivia.com); er überzeugt mich, dass ich völlig ungeniert selber eine Salar-de-Uyuni-Tour machen kann, da der Salar im Moment knochentrocken und somit leicht zu befahren ist. Ich darf anschliessend sogar mein Motorrad bei ihm waschen lassen – eine absolute Notwendigkeit, da das Salz überall reingeht und sich innert Kürze in alles reinfressen würde. Aber ich lasse mir diese Gelegenheit natürlich nicht entgehen, mit meiner Suzy auf den Salar zu fahren; fahre am Morgen rechtzeitig los, da die geführten Jeep-Touren erst ab 10 Uhr starten und ich somit den Salar noch quasi für mich habe ;-)
Ehrlich, das ist ein unglaubliches Gefühl, über den Salzsee, resp. richtigerweise „Salzpfanne“ zu fahren. Man ist soooo klein hier, der Salar gefühlt unendlich gross. Ich besuche das Salzhotel – total spannend, da beinahe komplett aus Salz gebaut – fahre zur Lava-Insel „Incuahasi“ mit den bis zu 1000 Jahre alten Kakteen drauf, fahre weiter zum Vulkan Tunupa und schaue mir die Höhlen mit den – dem hohen Salzgehalt sei Dank – total gut erhaltenen Mumien an; quasi auf gleicher Strecke dann zurück zum Festland. Ich bin den ganzen Tag unterwegs, fahre alleine auf dem Salar gute 250km; noch selten habe ich eine Fahrt dermassen genossen, obwohl theoretisch ja total langweilig, da mehr oder weniger immer geradeaus und auf weissem Untergrund. Aber der Salar vermittelt eine ganz spezielle Stimmung, von der ich mich gerne wegtragen lasse.
mitten im Salar die Lava-Insel "Incahuasi" |
mit bis zu 1200 Jahre alte, riesigen Kakteen |
Salzhotel, Böden, Wäande, viele Möbel rein aus Salz gebaut |
der Vulkan Tunupa, 5423müM |
quasi natürlich mumifizierte Menschen in den Grabhöhlen beim Vulkan Tunupa |
so eine Quittung müsste jedem Ausländer ausgestellt werden!! |
Aussicht von meinem Hotel aus ;-) |
natürlich hat auch Uyuni sein "Stadtzentrum", hübsch und sauber |
der berühmte Eisenbahnfriedhof, die Züge und Loks sind ein Relikt aus der Blütezeit des Silbers um 1900-1940 |
Hasta luego, mi amigos
Hi Judith, hier ist Birgit aus dem "Highest Irish Pub in the World" in Cusco! Ich verfolge Deinen Blog - es ist sooooo klasse, was Du da machst! Der Inka-Trail war ja der Hammer! Diese Bilder! Traumhaft!
AntwortenLöschenIch habe ähnliche Gefühle zu Cusco, zum Titicacasee und zu Peru überhaupt. Auch für mich war der Besuch in diesem Land grandios und ein tolles Erlebnis.
Hab noch ein paar schöne Tage in Südamerika - ich schau immer mal wieder rein und verfolge Deine Reise. Ich habe Deinen Blog auch in meinem Reiseblog verlinkt - siehe peru.seminartreffen.de
Gute Reise weiterhin!
Liebe Grüße, Birgit
Hi Judith,
AntwortenLöschenbin durch die Fernweh Gruppe auf dich aufmerksam geworden und dank deines gestern geposteten Links nun auf deinem Blog gelandet! *Respekt*
Mein Neid sei mit dir! ;)
Ich bin begeistert, dass du das alleine machst! Unglaublich. Hab gesehen dass du aus der Schweiz kommst, vielleicht trifft man sich nächstes Jahr bei Daniel auf dem kleinen Treffen in der Schweiz?
Wäre klasse, mal bei ein paar Bierchen mit dir zu quatschen :-)
Jetzt wünsche ich dir noch eine schöne restliche Zeit in Südamerika und denke, dass ich deinen Blog durchgelsen habe, bis du zurück bist. Jetzt musste ich mich zwingen aufzuhöre zu lesen. Die Pflicht ruft ;)
Viel Spaß noch
Liebe Grüße
Smarty :-D