So mache ich mich also am Donnerstag frühmorgens auf, die
lange Strecke nach Chile in Angriff zu nehmen. 420km, das meiste davon entweder
Schotterstrasse, „ich-war-mal-ashpaltiert“ oder eine sogenannte carratera
vichufita (rote Erde, gemischt mit Salz und Wasser = hart wie Beton); auf der
Strecke grad mal 2 klitzekleine Dörfer und der Grenzübergang. Tankstellen:
keine; Verkehr: so gut wie keiner. Ich bin also ziemlich auf mich gestellt und
mir dessen mehr als bewusst. Die ursprünglich geplante Strecke den wunderschönen
Lagune entlang habe ich mir von Robin, dem lokalen Motorrad-Tourenanbieter,
ausreden lassen, da noch länger, viele Sandstellen und gar keine Dörfer (oder ähnliches dazwischen). Und da ich ja
kein Zelt mehr dabei habe, wäre ein in diesem Fall notwendiger Zwischenstop gar
nicht möglich gewesen. Munter fahre ich also in Richtung Chile, der
Strassenuntergrund zuerst noch prima Schotter, wird nach dem Abzweiger auf die
Ruta 5 zu einer energiefressenden Wellblech-Strecke. Gerne wäre ich mit genug
Tempo drügergeflutscht, aber immer wieder sandige Stellen lassen mich zur
Vorsicht neigen. Weder meine Erfahrung mit diesem weichen Untergrund noch meine
Dualsportreifen lassen ein schnelles Tempo wirklich zu. Und nach mehr als
30‘000 problemlosen Kilometern muss ich ja jetzt auch keine unnötigen Risiken
mehr eingehen. Nach gut 150km wechselte der Schotter zur Salzpiste; diese ist
prima zu fahren, allerdings bin ich noch so froh, mein Navi dabei zu haben;
nicht immer ist klar, wo die verschiedenen Autospuren tatsächlich hinführen.
Aber auch hier wieder ein sehr beeindruckendes (ok, manchmal auch ein wenig
mulmiges) Gefühl, über diesen Salar zu fahren. Weit und breit keine
Menschenseele, keine Tiere, keine Fahrzeuge. Nur der grosse Salar und ich mit
meiner Suzy.
So habe ich dann ohne Probleme den Grenzübergang nach Chile
erreicht, gleichzeitiger Güterzug-Grenzübergang: da Bolivien keinen
Meeranschluss hat, gehen die Mineralien (in diesem Fall Kupfer) per Zug und via
Chile in die restliche Welt. Die obligaten Stempelchen und kleinen Formulare
zum Ausfüllen und auf der Chilenischen Seite dann noch mein Gepäck geprüft, ob
ich ja keine Früchte, Pflanzen oder ähnliches einführe. Ich hatte für diese
ersten gut 220km doch tatsächlich beinahe 5 Stunden gebraucht und habe mir vor
der Weiterfahrt erst mal eine Pause bei Wasser, Nüssen und Snickers gegönnt;
und dabei munter mit dem Lokführer geplaudert, der auf das Ende der Mittagspause
beim Zoll warten musste. Und so wieder einmal Informationen über das
Minengeschäft aus erster Hand erhalten ;-)
Kaum auf Chilenischer Seite, ist ein grosser Teil der
Strecke asphaltiert und die wenigen Schotterstrecken problemlos fahrbar. Vorbei
an kleinen Salaren, rauchenden Vulkanen, vielen Lamas und Vicuñas, einfach
traumhaft. Unnötig zu erwähnen, das Ganze natürlich immer bei schönstem
Sonnenschein. So habe ich doch tatsächlich genug Zeit, mir in Calama – der
ersten Stadt in Chile – den obligaten Chip für mein Handy, Stromadapter (die
wurden mir nämlich auch geklaut) und Chilenische Pesos zu besorgen. Nebst dem
bekommt Suzy nun auch endlich wieder einmal „anständiges“ Benzin, sprich mit
einer Oktanzahl von mind. 95 statt den Bolivianischen 81. Es ist zwar alles
recht teuer in Chile (nahe bei Schweizer Niveau), aber die Unterschiede zu
Bolivien sind in jeder Beziehung frappant: Strassen – endlich wieder mal
Strassenschilder die zeigen, wohin die Strasse führt - , Verkehrsverhalten,
Freundlichkeit der Menschen…. Ich fühl mich hier auf Anhieb wohl. Müde habe ich
mir eine – für Chilenische Verhältnisse – günstige Unterkunft gesucht und bin
dann auch schnell schlafen gegangen. Dieser Tag hatte einiges an Energie
gekostet! Am nächsten Morgen dann beim Frühstücks-Kaffee noch eine Weile mit
dem Besitzer gesprochen. Er hat mir viel über die wirtschaftliche Situation,
die Immigration von Arbeitern und Flüchtlingen (vor allem um die 1990 aus
Kolumbien) aus den umliegenden Ländern erzählt. Irgendwie sind dabei ganz viele
Ähnlichkeiten mit der Schweiz und Europa aufgetaucht; aber auch hier
beeindruckend, wie sie halt versuchen, das Beste aus der Situation zu machen,
statt einfach nur zu lamentieren.
Die Fahrt nach San Pedro de Atacama dann kurz und schmerzlos:
100km auf bestem Asphalt ;-)
Allerdings hat mich dann der Anblick der berühmten
Atacamawüste doch schwer beeindruckt. Die Farben mehrheitlich rot-orange, mit
weissen Stellen durchsetzt. Etliche Vulkane dominieren die Bergkette; darunter
der Licancabur (5920m) mit einem der höchstgelegenen, belebten Kraterseen und
der erst kürzlich wieder aktiv gewordene Làscar.
die Atacamawüste ist soooo gross, die hab ich nicht auf's Bild gebracht :-) |
Vulkan Licancabur, 5920müM |
Ich habe mich für 3 Nächte in
San Pedro einquartiert und mache die nächsten beiden Tage weitere „rutas del
desierto“ rund um San Pedro unsicher; dabei treffe ich sogar auf ein Schweizer
Motorradfahrerpaar; sie seit 4 Monaten in Südamerika unterwegs (und noch
weitere 4 in Richtung Miami stehen an); er für 2 Monate mit ihr zusammen unterwegs,
bevor ihn die Arbeit wieder nach Hause ruft. So fahren wir die Strecke zu den
Lagunen Miscanti & Miñiques zusammen – ehrlich, mir gehen langsam aber
sicher die Superlative aus, zu schön sind diese Landschaften - und treffen uns
am Abend zum Znacht im Dorf.
San Pedro ist eigentlich ein kleines Dorf mit
gerade mal 5000 Einwohnern, ist aber seit einiger Zeit beliebter Ausgangspunkt
für 10‘000-ende von Touristen, die Touren zu den unzähligen Salz-Lagunen,
verschiedenen Tälern mit beeindruckenden Felsformationen, Geysieren, mehrtägigen
Touren nach Bolivien und auch Vulkanbesteigungen unternehmen. Entsprechend
besteht San Pedro praktisch ausschliesslich aus Restaurants, Reise-Agenturen,
Souvenir- und kleinen Lebensmittelläden. Aber zumindest ist es hübsch gebaut;
wer hier moderne Bauten oder gar hohe Häuser sucht, ist fehl am Platz. So macht
tummeln durchs Dorf auch trotz der unzähligen Touristen noch Spass.
Am zweiten
Tag fahre ich in Richtung Argentinische Grenze zum „paso Jama“, der auf über
5000müM führt. Es ist eisig kalt und ich hadere mit mir selbst, dass ich zwar die
warmen Langshirts angezogen habe, nicht aber die warmen Regenhandschuhe! Immer
wieder halte ich an; diesmal nicht nur um Photos zu machen sondern auch um
meine Finger irgendwie wieder zum Leben zu erwecken. Gottlob steigen mit der
Sonne auch die Temperaturen und so kann ich meine Pause kurz vor dem
Grenzübergang in der Sonne dösend verbringen und dabei Flamingos, Vicuñas und
Lamas beobachten. Ich bekomme einfach nicht genug von diesem Farbenspiel, der
Unendlichkeit, die mir die Berge hier bieten. Es sieht ganz so aus, als ob
Chile Kolumbien vom Thron stossen könnte ;-)
Am letzten Tag in San Pedro werde ich bereits um 4.30 Uhr
abgeholt; eine Tour zu den Geysieren steht an; in einer Entfernung von 90km
befindet sich das höchstgelegene, grosse geothermische Feld „el Tatio“;
unzählige Geysiere spucken mehr als 80°C heisses Wasser bis zu mehreren Metern
hoch in die Luft. Ein beeindruckendes Naturschauspiel natürlich vor allem kurz
nach Sonnenaufgang, wenn die Temperaturen noch um den Gefrierpunkt liegen – wir
befinden uns bereits wieder auf 4200m. Die immensen Temperatur-Unterschiede ein
typisches Wüsten-Phänomen: tagsüber über 25°C, nachts je nach Monat zum
Gefrierpunkt sinkend.
So werde ich morgen San Pedro de Atacama mit vielen
unglaublichen Eindrücken verlassen und mich seit längerem wieder einmal in
Richtung Küste bewegen – Antofagasta heisst dann mein Tagesziel. Theoretisch
sind es noch rund 1500km nach Santiago de Chile. Aber bereits ist der eine oder
andere Abstecher noch eingeplant. Und ich bin jetzt schon sicher, dass es mir
weder auf der Fahrt dahin noch an der Küste selber langweilig wird ;-)
Hasta luego, mi amigos
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