Montag, 7. Dezember 2015

03. – 07. Dezember: San Pedro de Atacama und die unzähligen „rutas del desierto“ rundherum…

So mache ich mich also am Donnerstag frühmorgens auf, die lange Strecke nach Chile in Angriff zu nehmen. 420km, das meiste davon entweder Schotterstrasse, „ich-war-mal-ashpaltiert“ oder eine sogenannte carratera vichufita (rote Erde, gemischt mit Salz und Wasser = hart wie Beton); auf der Strecke grad mal 2 klitzekleine Dörfer und der Grenzübergang. Tankstellen: keine; Verkehr: so gut wie keiner. Ich bin also ziemlich auf mich gestellt und mir dessen mehr als bewusst. Die ursprünglich geplante Strecke den wunderschönen Lagune entlang habe ich mir von Robin, dem lokalen Motorrad-Tourenanbieter, ausreden lassen, da noch länger, viele Sandstellen und gar keine Dörfer  (oder ähnliches dazwischen). Und da ich ja kein Zelt mehr dabei habe, wäre ein in diesem Fall notwendiger Zwischenstop gar nicht möglich gewesen. Munter fahre ich also in Richtung Chile, der Strassenuntergrund zuerst noch prima Schotter, wird nach dem Abzweiger auf die Ruta 5 zu einer energiefressenden Wellblech-Strecke. Gerne wäre ich mit genug Tempo drügergeflutscht, aber immer wieder sandige Stellen lassen mich zur Vorsicht neigen. Weder meine Erfahrung mit diesem weichen Untergrund noch meine Dualsportreifen lassen ein schnelles Tempo wirklich zu. Und nach mehr als 30‘000 problemlosen Kilometern muss ich ja jetzt auch keine unnötigen Risiken mehr eingehen. Nach gut 150km wechselte der Schotter zur Salzpiste; diese ist prima zu fahren, allerdings bin ich noch so froh, mein Navi dabei zu haben; nicht immer ist klar, wo die verschiedenen Autospuren tatsächlich hinführen. Aber auch hier wieder ein sehr beeindruckendes (ok, manchmal auch ein wenig mulmiges) Gefühl, über diesen Salar zu fahren. Weit und breit keine Menschenseele, keine Tiere, keine Fahrzeuge. Nur der grosse Salar und ich mit meiner Suzy. 







So habe ich dann ohne Probleme den Grenzübergang nach Chile erreicht, gleichzeitiger Güterzug-Grenzübergang: da Bolivien keinen Meeranschluss hat, gehen die Mineralien (in diesem Fall Kupfer) per Zug und via Chile in die restliche Welt. Die obligaten Stempelchen und kleinen Formulare zum Ausfüllen und auf der Chilenischen Seite dann noch mein Gepäck geprüft, ob ich ja keine Früchte, Pflanzen oder ähnliches einführe. Ich hatte für diese ersten gut 220km doch tatsächlich beinahe 5 Stunden gebraucht und habe mir vor der Weiterfahrt erst mal eine Pause bei Wasser, Nüssen und Snickers gegönnt; und dabei munter mit dem Lokführer geplaudert, der auf das Ende der Mittagspause beim Zoll warten musste. Und so wieder einmal Informationen über das Minengeschäft aus erster Hand erhalten ;-)




Kaum auf Chilenischer Seite, ist ein grosser Teil der Strecke asphaltiert und die wenigen Schotterstrecken problemlos fahrbar. Vorbei an kleinen Salaren, rauchenden Vulkanen, vielen Lamas und Vicuñas, einfach traumhaft. Unnötig zu erwähnen, das Ganze natürlich immer bei schönstem Sonnenschein. So habe ich doch tatsächlich genug Zeit, mir in Calama – der ersten Stadt in Chile – den obligaten Chip für mein Handy, Stromadapter (die wurden mir nämlich auch geklaut) und Chilenische Pesos zu besorgen. Nebst dem bekommt Suzy nun auch endlich wieder einmal „anständiges“ Benzin, sprich mit einer Oktanzahl von mind. 95 statt den Bolivianischen 81. Es ist zwar alles recht teuer in Chile (nahe bei Schweizer Niveau), aber die Unterschiede zu Bolivien sind in jeder Beziehung frappant: Strassen – endlich wieder mal Strassenschilder die zeigen, wohin die Strasse führt - , Verkehrsverhalten, Freundlichkeit der Menschen…. Ich fühl mich hier auf Anhieb wohl. Müde habe ich mir eine – für Chilenische Verhältnisse – günstige Unterkunft gesucht und bin dann auch schnell schlafen gegangen. Dieser Tag hatte einiges an Energie gekostet! Am nächsten Morgen dann beim Frühstücks-Kaffee noch eine Weile mit dem Besitzer gesprochen. Er hat mir viel über die wirtschaftliche Situation, die Immigration von Arbeitern und Flüchtlingen (vor allem um die 1990 aus Kolumbien) aus den umliegenden Ländern erzählt. Irgendwie sind dabei ganz viele Ähnlichkeiten mit der Schweiz und Europa aufgetaucht; aber auch hier beeindruckend, wie sie halt versuchen, das Beste aus der Situation zu machen, statt einfach nur zu lamentieren.
Die Fahrt nach San Pedro de Atacama dann kurz und schmerzlos: 100km auf bestem Asphalt ;-)
Allerdings hat mich dann der Anblick der berühmten Atacamawüste doch schwer beeindruckt. Die Farben mehrheitlich rot-orange, mit weissen Stellen durchsetzt. Etliche Vulkane dominieren die Bergkette; darunter der Licancabur (5920m) mit einem der höchstgelegenen, belebten Kraterseen und der erst kürzlich wieder aktiv gewordene Làscar. 

die Atacamawüste ist soooo gross, die hab ich nicht auf's Bild gebracht :-)


Vulkan Licancabur, 5920müM
Ich habe mich für 3 Nächte in San Pedro einquartiert und mache die nächsten beiden Tage weitere „rutas del desierto“ rund um San Pedro unsicher; dabei treffe ich sogar auf ein Schweizer Motorradfahrerpaar; sie seit 4 Monaten in Südamerika unterwegs (und noch weitere 4 in Richtung Miami stehen an); er für 2 Monate mit ihr zusammen unterwegs, bevor ihn die Arbeit wieder nach Hause ruft. So fahren wir die Strecke zu den Lagunen Miscanti & Miñiques zusammen – ehrlich, mir gehen langsam aber sicher die Superlative aus, zu schön sind diese Landschaften - und treffen uns am Abend zum Znacht im Dorf. 





San Pedro ist eigentlich ein kleines Dorf mit gerade mal 5000 Einwohnern, ist aber seit einiger Zeit beliebter Ausgangspunkt für 10‘000-ende von Touristen, die Touren zu den unzähligen Salz-Lagunen, verschiedenen Tälern mit beeindruckenden Felsformationen, Geysieren, mehrtägigen Touren nach Bolivien und auch Vulkanbesteigungen unternehmen. Entsprechend besteht San Pedro praktisch ausschliesslich aus Restaurants, Reise-Agenturen, Souvenir- und kleinen Lebensmittelläden. Aber zumindest ist es hübsch gebaut; wer hier moderne Bauten oder gar hohe Häuser sucht, ist fehl am Platz. So macht tummeln durchs Dorf auch trotz der unzähligen Touristen noch Spass. 






Am zweiten Tag fahre ich in Richtung Argentinische Grenze zum „paso Jama“, der auf über 5000müM führt. Es ist eisig kalt und ich hadere mit mir selbst, dass ich zwar die warmen Langshirts angezogen habe, nicht aber die warmen Regenhandschuhe! Immer wieder halte ich an; diesmal nicht nur um Photos zu machen sondern auch um meine Finger irgendwie wieder zum Leben zu erwecken. Gottlob steigen mit der Sonne auch die Temperaturen und so kann ich meine Pause kurz vor dem Grenzübergang in der Sonne dösend verbringen und dabei Flamingos, Vicuñas und Lamas beobachten. Ich bekomme einfach nicht genug von diesem Farbenspiel, der Unendlichkeit, die mir die Berge hier bieten. Es sieht ganz so aus, als ob Chile Kolumbien vom Thron stossen könnte ;-)







Am letzten Tag in San Pedro werde ich bereits um 4.30 Uhr abgeholt; eine Tour zu den Geysieren steht an; in einer Entfernung von 90km befindet sich das höchstgelegene, grosse geothermische Feld „el Tatio“; unzählige Geysiere spucken mehr als 80°C heisses Wasser bis zu mehreren Metern hoch in die Luft. Ein beeindruckendes Naturschauspiel natürlich vor allem kurz nach Sonnenaufgang, wenn die Temperaturen noch um den Gefrierpunkt liegen – wir befinden uns bereits wieder auf 4200m. Die immensen Temperatur-Unterschiede ein typisches Wüsten-Phänomen: tagsüber über 25°C, nachts je nach Monat zum Gefrierpunkt sinkend.






So werde ich morgen San Pedro de Atacama mit vielen unglaublichen Eindrücken verlassen und mich seit längerem wieder einmal in Richtung Küste bewegen – Antofagasta heisst dann mein Tagesziel. Theoretisch sind es noch rund 1500km nach Santiago de Chile. Aber bereits ist der eine oder andere Abstecher noch eingeplant. Und ich bin jetzt schon sicher, dass es mir weder auf der Fahrt dahin noch an der Küste selber langweilig wird ;-)


Hasta luego, mi amigos



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