Ich treffe mich als am Mittwoch Morgen kurz nach Chimbote
mit Ira, einer Deutschen Motorradfahrerin, die mit einer BMW GS800 Adventure
unterwegs ist. Sie hat zufällig das Photo mit mir und Nestor (von Trujillo) in
facebook gesehen und mich spontan angeschrieben. Wir wollen gemeinsam die
Offroad-Strecke in Richtung Huaraz unter die Räder nehmen, den berühmten „cañon
del Pato“. Während wir uns noch ein paar Minuten quasi „beschnuppern“, fahren
doch tatsächlich Simon und Josefine – sie waren beide auch auf der Stahlratte –
heran und stoppen natürlich, als sie die Motorräder mit Schweizer Kennzeichen
sehen. Was für ein schöner Zufall! Wir tauschen Neuigkeiten aus und ich gebe
ihnen noch den Tip, unbedingt bei Don Clemente vorbeizuschauen ;-)
Da es doch gute 240km bis nach Huaraz sind, brechen wir aber
bald mal auf. Nach kurzer Zeit wird die Asphaltstrasse von prima Schotter
abgelöst, wir fahren in den Canon hinein, immer dem Fluss entlang. Ira ist mehr
oder weniger das erste Mal so richtig auf Schotter unterwegs und wir nehmen es
erst mal eher gemütlich – zudem „müssen“ wir ständig anhalten, weil die
Landschaft einfach dermassen beeindruckend ist und wir entsprechend Zeit zum
fötelen brauchen.
Gegenverkehr hat es gottlob nur wenig, ab und an ein
Lastwagen oder ein Bus vollgepfercht mit Menschen von den umliegenden Dörfern.
Für einmal ein Vorteil, dass es so trocken ist – der Staub kündigt jedes
Fahrzeug rechtzeitig an, sieht man doch oftmals nicht um die Kurve rum. Eher
mühsam sind die stockfinsteren, einspurigen Tunnels, teilweise auch mit Kurven
drin; gottlob sind es nur wenige. Da greife ausnahmsweise sogar ich zum
hiesigen Allerweltshilfsmittel und hupe, was das Zeugs hält. Mein doch sehr
mässiges (Original)-Licht (ein grosses Dankeschön an den Hersteller!) ist hier
keine grosse Hilfe. Erfolgreich, wenn auch ziemlich dreckig kommen wir zum Ende
des Canons und somit wieder auf Asphalt. Wir freuen uns über die tolle und
problemlos Offroad-Fahrt; ich mache noch Witze und sage: schliesslich steht ja
auf der BMW „adventure“: also, wo adventure drauf steht, ist auch adventure
drin. Dieser Spruch sollte sich kurze Zeit später noch bewahrheiten!! Zügig
geht es weiter, scheint uns die Zeit doch davon zu rennen. Auch heute ist das
Ziel, vor der Dunkelheit – sprich spätestens 18.30h in Huaraz anzukommen. Die
Strasse schlängelt sich nun einem anderen Fluss entlang, toll die Landschaft
und die Strasse, Fahrspass pur – bis auf die nun vielen Tunnels, die meisten
wieder einspurig und ohne Licht. Auch hier hilft nur hupen; Ira, die an ihrer
Adventure Zusatzbeleuchtung montiert hat, fährt so hinter mir, dass die
Beleuchtung auch für ich ausreicht J
Plötzlich merke ich, dass Ira nicht mehr hinter mir ist. Ich
stoppe, warte einen kurzen Augenblick und fahre zurück. Sie steht am
Strassenrand und meint, dass der Hinterreifen verdächtig wenig Luft drin hat.
Wir probieren es vorerst mal mit Aufpumpen und fahren wieder los. Nach kurzer
Zeit ist aber schon wieder Schluss, der Reifen völlig platt. Wir finden sogar
den Grund für das Übel: ein fetter Nagel steckt im Reifen. Phhhuuuu…..wir sind
20km vom nächsten Dorf entfernt, es ist bereits nach 16 Uhr und eigentlich
hätten wir noch gute 1.5 Stunden Fahrt vor uns. Aufladen auf ein anders
Fahrzeug kommt bei dem riesigen Gewicht der BMW nicht in Frage. Natürlich
könnten wir den Schlauch auch selber ausbauen und vermutlich flicken, aber das
würde bestimmt länger dauern. Einzige grad so vernünftig erscheinende Lösung:
Hinterrad ausbauen, ich fahre ins nächste Dorf und lass es flicken, Hinterrad
wieder einbauen. Wir beide müssen lachen, wie schnell sich mein Spruch von
wegen „adventue“ in Wirklichkeit umgesetzt hat ;-) Gesagt getan: Gepäck runter,
Motorrad auf den Hauptständer, Hinterrad ausbauen und mir auf die Suzy
schnallen. Netterweise zieht gerade in dem Moment auch noch ein kurzes Gewitter
durch. OK, das hätten wir nun wirklich nicht gebraucht. Aber was soll’s, ich
fahre im Schnellzugs-Tempo los in Richtung Dorf, es ist mittlerweile kurz vor
17h! Etwa 5km vor dem Dorf ist da auch noch eine Polizeikontrolle…. und
natürlich werde ich rausgewunken. Keine Papier-Kontrolle sondern wieder einmal
einfach plaudern. Ausgerechnet jetzt! Einer der beiden Polizisten fragt mich
nach dem woher, wohin, was hat es mit dem Hinterrad auf sich, etc…. und
plötzlich sagt der 2. Polizist (der war still soweit) aus heiterem Himmel: du
hast schöne Augen!! Hääääää? Da ich wohl nicht adäquat auf seine Bemerkung
reagiere, wiederholt er es sogar. Nun steh ich da, scharre quasi mit den Hufen,
weil ich doch so schnell wie möglich den Reifen geflickt haben will und der
macht mir Komplimente. Ich bedanke mich artig – ich weiss ja inzwischen dass
die Südamerikaner total auf meine grünen Augen abfahren - und darf dann
tatsächlich endlich weiterfahren. Im Dorf sehe ich auf Anhieb keine
Reifen-Werkstatt (die hat’s normalerweise in jedem Kaff), fahre also zur
Tankstelle und frage da. Und yeppeeaaa, genau bei der Tankstelle ist sie ja:
Schlauch raus (ein Riss von gut 3cm drin), geflickt, im Wasserbad geprüft,
wieder eingebaut. Innerhalb von ein paar Minuten ist das erledigt und kostet
mich grade mal 5 Soles (ca. CHF 1.50)!! Dankbar gebe ich ihm das Doppelte,
kaufe noch 2 Colas und was zum knabbern und fahre so schnell wie möglich (man
beachte: nicht so schnell wie erlaubt) zurück. Bei Einbruch der Dunkelheit –
sprich mit Hilfe von Stirn-Lampen - bauen wir das Hinterrad wieder ein und
düsen los in Richtung Huaraz. Müde und doch ziemlich erschöpft kommen wir nach
rund 14 Stunden unterwegs-sein beim Hostel an, erkämpfen uns etwas mühsam einen
Parkplatz und bestellen auf die Schnelle 2 Bier und 2 Pizzas. Hände völlig
schwarz, die Gesichter voll Staub und noch in Voll-Motorrad-Montur sitzen wir
da und geniessen erst mal einfach ein kühles Bier. Wir lachen beide über den
Tag und sind uns einig, dass es trotz – oder gerade wegen – der Panne ein total
cooler Tag war.
Und das beste zum Schluss, im Hostel hat es sogar heisses
Wasser….. was für eine Wohltat. Noch vor 4 Monaten hätte ich mir nicht
erträumt, dass ich heisses Wasser mal so schätzen würde, ist es in Südamerika
in den meisten Hostels, einfachen Hotels und auch privaten Unterkünften
schlichtweg nicht vorhanden.
Am nächsten Morgen treffen wir uns mit Daniela, die grad mit
dem Nachtbus in Huaraz angekommen ist (auch sie war auf der Stahlratte) zum
Frühstück und später als eigentlich geplant, fahre ich los in Richtung Cisco.
Es stehen vier Fahrtage mit insgesamt 1450km auf dem Plan. Ich will spätestens
am 15. November in Cusco ankommen, damit ich noch einen Tag Zeit habe, mich auf
das gebuchte Trekking vorzubereiten. Aber ich greife wieder mal vor… sorry.
Laut googlemaps fahre ich permanent auf der 3S, also einer Nationalen Hauptstrasse;
ich bin allerdings nur leicht optimistisch, da mein Garmin teilweise Schotter
anzeigt. Na, da lass ich mich doch mal überraschen. Die jeweils +/- 350km pro
Tag erscheinen uns Europäern nicht viel, aber hier kommt man wirklich selten
über einen Stunden-Schnitt von 60km; 50km pro Stunde ist schon eher Standard –
und somit auch klar, dass ich jeden Tag mind. 7 reine Fahrstunden vor mir habe.
Und natürlich ist ausgerechnet die Strasse am ersten Tag – an dem ich eben erst
um halb elf losfahre – eine reine Tortur. Was mein Garmin als Schotterstrasse anzeigt,
ist inzwischen asphaltiert, aber es hat dermassen viele und teilweise tiefe
Schlaglöcher drin, dass ein normales, zügiges Fahren schlichtweg unmöglich ist.
Die Strasse schlängelt sich wieder den Tälern entlang und bei vielen Kurven ist
der Asphalt inzwischen bereits wieder verschwunden und hat Matsch und Dreck
Platz gemacht, da meistens an diesen Stellen kleinen Bäche die Hügel
runterkommen. Dass es mehr oder weniger den ganzen Tag nieselt, macht es nicht
grade lustiger. Zum Schluss hin bin ich inzwischen teilweise einfach zu müde
und fahre stehend über die Schlaglöcher drüber – meine Suzy muss an diesem Tag
einiges aushalten mit mir. Die letzten 50km dann wieder „normale“ Strasse, ich
fahre so schnell, wie’s grad noch so drin liegt. Kurz nach Einbruch der
Dunkelheit erreiche ich mein Tagesziel und steuere hungrig und durstig das
erstbeste Hotel an.
Gottlob sind dann die nächsten drei Tage einfach nur cool.
Die Strasse meistens in sehr gutem Zustand, ich finde auch immer wieder Zeit, Dörfer und Menschen zu photografieren, die Landschaft total beeindruckend
– ich fahre tatsächlich quasi permanent den Hügeln, resp. dem Flusslauf entlang
(frech, die so zu nennen, ich befinde mich mehr oder weniger immer auf einer
Höhe von 3000 – 4000MüM!!).
auch damit muss immer gerechnet werden |
es ist cool hier.....wörtlich zu nehmen ;-) |
Einzig das Fahrverhalten der Peruaner kann meinem
Fahrspass etwas anhaben. Und hier muss ich mal ein bisschen Dampf ablassen. Ich
bin noch so froh, dass das Benzin in Peru so teuer ist, hat es vermutlich vor
allem dank diesem Umstand nicht allzu viele Autofahrer unterwegs. Aber die
wenigen haben es in sich: fahren meist in der Mitte der Strasse, egal ob ihnen
was entgegenkommt; einem Motorrad geht man sowieso nicht aus dem Weg. Solange
ein Seitenstreifen vorhanden ist, gibt es keinen Grund, nicht zu überholen, ich
kann ja ausweichen. Nur, überholen können sie auch, wenn ein Motorrad entgegenkommt
und kein Seitenstreifen zum Ausweichen vorhanden ist. Mehr als einmal musste
ich bis zum Stillstand abbremsen, da das Auto mich sonst schlichtweg umgefahren
hätte. Mehr als einmal habe ich aber auch auf stur geschaltet und habe das Auto
(oder oft auch die kleinen Transportbusse) zum bremsen gezwungen. Jetzt versteh
ich auch endlich das Verkehrsschild „mantenga su direcha“ (bleibe auf deiner
rechten Seite)!! In den Städten bin ich es inzwischen gewohnt, da wird jeder
Zentimeter erkämpft. Aber auf den Hauptstrassen, wo ja auch die Peruaner mit
100 und mehr unterwegs sind, ist es schlichtweg gefährlich. Da kommt mir nebst dem
teuren Benzin auch noch zugute, dass es oft bergauf geht und ich ihnen
tatsächlich Motor-mässig überlegen bin (mit grad mal 400ccm) J
Aber eben; ich bin gut in Cusco angekommen, habe mich durch’s
Einbahngewirr zum Hostel gekämpft und freue mich nun auf das morgige 4-Tages-Trekking
in Richtung MachuPicchu. Nicht der berühmte Inka-Trail, der ist seit Monaten ausgebucht,
da auf 500 Personen pro Tag limitiert. Ich mache den sogenannten kurzen Salkantay-Trek
- ist im www gut zu finden ;-) ich bin natürlich schon gespannt, wie gut ich
mit der Höhe klarkomme und dem Umstand, dass ich in letzter Zeit ja nicht sooo
viel gelaufen bin. Aber ich bin gut aklimatisiert und fühle mich putzmunter ;-)
Mehr über Cusco, mein Abenteuer, auf über 4600MüM zu laufen (und
zu zelten) und natürlich den berühmten MachuPicchu dann im nächsten Blog. Hasta luego mi amigos
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