Am Montag mache ich bewusst nicht allzuviel: ein bisschen
durch die Stadt tummeln, Snacks und Wasser einkaufen für das Trekking, das
Briefing vom Tourguide dann gegen Abend, meine Siebensachen aufteilen auf: was
kommt mit auf’s Trekking, was bleibt im Hostel, zusammen mit Suzy Blue. Zum
ersten Mal seit Alaska packe ich die warmen Merino-Kleider wieder aus. Edgar,
unser Tourguide hat mich schon gewarnt, dass es die erste Nacht auf beinahe
3900MüM doch recht kühl sein wird – nett ausgedrückt. Ich kann nicht so recht
einschlafen, bin wohl doch etwas aufgeregt, wie ich die 4 Tage Wandern
(zwischen 15 – 25km pro Tag, mit bis zu 2500 Höhenmetern) durchstehen werde.
Hat ja Wandern in den letzten Monaten doch nicht gerade zu meinen üblichen
Tages-beschäftigungen gehört. Aber zumindest fühle ich mich in der Höhe von
Cusco soweit schon mal gut.
![]() |
"Plaza de armas", das Zentrum von Cusco |
Sicht vom "Plaza de armas" auf die bewohnten Hügel |
Frühmorgens um fünf werde ich von Edgar und seinem Team
abgeholt. Die Zusammensetzung für die nächsten 4 Tage: Edgar (Toudguide), Mario
(Horseman), Epifanio (Koch), 2 HolländerInnen, 3 Deutsche, 2 Amerikanerinnen
und ich. Und wieder einmal bin ich doppelt so alt wie alle anderen. Einzig
Edgar ist mit 28 Jahren etwas „älter“ wie die anderen Teilnehmenden.
Hmmmm…..naja, so hab ich zumindest eine Ausrede, falls mir unterwegs die Puste
ausgehen sollte ;-)
Wir fahren bis zum Ausgangspunkt unseres Trekkings:
Mollepata (2800MüM). Nach einem stärkenden Frühstück marschieren wir los. Wir
tragen „nur“ unseren Tages-Rucksack mit Regenschutz, ev. Kleidern zum Wechseln
unterwegs, Getränken&Snacks. Der Rest (max. 5kg inklusive Schlafsack)
tragen die Pferde für uns rauf. Der erste Tag ist bewusst quasi ein
„Warmlaufen“. Nach ca. 10km erreichen wir bereits Soraypampa, unseren 1.
Zeltplatz auf 3890MüM. Nach einem feinen Lunch und einem willkommenen
Mittagsschläfchen treibt uns Edgar 300 Höhenmeter auf direktem Weg zum Bergsee
unterhalb des Humantay (5317MüM) hoch. Die Aussicht ist phantastisch, ein paar
„harte Jungs“ einer anderen Gruppe beweisen sogar ihren Mut und gehen
schwimmen!! Er macht diesen eigentlich
„unnötigen“ Spaziergang am ersten Tag immer; einerseits weil der Bergsee und
die Aussicht einfach bombastisch ist und andererseits weil er anschliessend
einschätzen kann, wie fit seine Schützlinge sind ;-)
im Hintergrund der Humantay (5317MüM) |
Trotz der Höhe (und Kälte)
schlafen wir nach einem nahrhaften Abendessen alle tief und fest und werden am
nächsten Morgen mit heissem Coca-Tee geweckt. Bereits um 6.00 Uhr marschieren
wir los, alle dick eingemummelt mit Kappe und Handschuhen. Heute ist mi
Sicherheit der strengste Tag: 24km und gut 2400 Höhenmeter sind zu bewältigen.
Sobald die ersten Sonnenstrahlen das Tal erreichen und es anfängt so richtig
rauf zu gehen, verstaue ich Jacke und Handschuhe im Rucksack, laufe also im
T-Shirt (aber mit Kappe wegen dem Wind) auf bereits über 4000MüM rum.
unsere unermüdlichen "Helfer" :-) |
Edgar hat
uns eingeschärft, wir sollen in einem für uns guten Lauftempo wandern und nicht
auf die anderen achten. Wie immer muss ich alle paar Hundert Meter kurz
anhalten und 3-4 mal tief durchatmen, bevor ich weiterlaufen kann. Ein Übel,
das ich aber kenne und mich bei all meinen Wanderungen begleitet. Die steigende
Höhe macht es diesmal aber sicherlich nicht einfacher. Allerdings doch etwas
beruhigend, dass meine jungen Trekking-Gschpänli teilweise auch recht langsam
unterwegs sind. Edgar versichert uns allerdings, dass wir gut laufen und er
schon ganz andere Trekkingteilnehmer dabei hatte. Die Landschaft ist einfach
herrlich, der Salkantay begleitet uns die ganze Zeit, die Schönheit seiner Eis-
und Schneewände werden immer deutlicher, je höher wir kommen. Nach ca. 3
Stunden erreichen wir glücklich aber doch recht ausser Puste den Salkantaypass
(4620MüM).
Edgar erzählt uns viel Wissenswertes über die umliegenden Berge (der
Salkantay wurde zBsp. erst 3mal bezwungen, darunter 1 Schweizer), die Bedeutung
der Namen, die Geschichte der Kolonisation und der Rituale, die sein Volk (die Chequas) auch
heute noch zelebriert. Während er uns all diese interessanten Details erzählt
können wir auch noch beobachten, wie sich weit oben am Berg eine Schneelawine
löst und runterdonnert; allerdings schon nach kurzer Zeit im Eis hängen bleibt.
Nachdem wir alle die obligaten Erinnerungsphotos gemacht und uns gestärkt
haben, geht es weiter, nun aber auschliesslich abwärts, teilweise recht steil
und meistens im Geröll. Ich bin froh, habe ich mir Trekkingstöcke gemietet,
mein Miniskus wird es mir danken. Wieder ein nahrhaftes Mittagessen, 30 Minuten
Zeit für ein Nickerchen und weiter geht’s. Runter haben wir alle ein flottes
Tempo drauf, wir erreichen – entgegen den Erwartungen von Edgar – den 2.
Zeltplatz bereits um 16 Uhr. Natürlich sind wir nach diesem anstrengenden Tag
alle ziemlich erschöpft, aber dennoch glücklich über das Erreichte, über alles,
was wir sehen konnten. Die Landschaft – und natürlich auch die Temperatur - hat
sich beim Runterlaufen verändert, man merkt, dass wir uns dem Regenwald nähern.
Der Zeltplatz ist wie der erste eine Anhäufung von einfachsten Häuschen, die
von Einheimischen gebaut und betrieben werden. Wir schlafen zwar im Zelt, aber
quasi mit einem Dach über dem Kopf. Macht es einfacher, da es auch hier nachts
meistens regnet und wir so die Zelte am Morgen zumdienst trocken einpacken
können – sprich wir helfen Mario beim abbauen. Überhaupt haben wir ein
unglaubliches Glück mit dem Wetter: trotz Regenzeit regnet es tatsächlich
während den 3 Trekking-Tagen jeweils nur nachts und auch nur kurz. Edgar meint,
dass unsere Gruppe ein gutes Karma haben müsse J letzte Woche hatte es während 4 Tagen ununterbrochen
geregnet – ich will mir das nicht einmal ansatzweise vorstellen müssen, die
ganze Zeit im Regen wandern zu müssen!!
Am letzten reinen Trekking-Tag marschieren wir auf 1500MüM runter und kommen am Nachmittag glücklich in Aguas Calientes an; oder MachuPicchu Pueblo, wie es für die Touristen auch genannt wird. Ich bin völlig entsetzt über den Anblick, der sich mir bietet: hunderte von Touristenläden, Dutzende von Hotels und Hostels. Obwohl nicht Hochsaison herrscht ein fleissiges Treiben und es wimmelt von Touristen (zumindest kommt es mir so vor). Nun ja, ich darf ja nicht so sein, schliesslich bin ich auch eine dieser vielen Touristen. Aber ehrlich, ich will mir nicht vorstellen, wie das hier zu und her geht während den Hauptmonaten, wo bis zu 4000 Menschen pro Tag auf den MachuPicchu geschaufelt werden. Im Hostel stellen wir uns dankbar unter die warme Dusche und fallen nach dem Abendessen müde und zufrieden ins Bett.
Auch wir werden am nächsten Morgen pünktlich zum
Sonnenaufgang um 6.00 Uhr mit Bussen raufgefahren – wahlweise kann man auch
rauflaufen, aber ich hatte keine Lust, völlig verschwitzt auf die Tour zu
gehen. Zudem zählte ich ja zu den Glücklichen 400, die auf den Berg MachuPicchu
rauflaufen durften. Das frühe Aufstehen hat sich leider nicht gelohnt, die
Ruinen waren von Wolken verdeckt und nach der 2-stündigen, wiederum sehr
informativen Führung von Edgar machte ich mich mit gemischten Gefühlen auf, die
1.6km Distanz von den Ruinen rauf zum Gipfel (3000MüM) zu bewältigen. Ja, das
war echt ein Bewältigen: die ganze Strecke bestand ausschliesslich aus Treppen!!
Und ich mit meinen kurzen Beinen wieder einmal nicht immer im Vorteil. Aber
auch hier hatten wir Glück, kurz nach Erreichen des Gipfels, riss die
Wolkendecke auf und wir hatten eine herrliche Sicht runter auf die Ruinen,
rüber auf den heiligen Berg HuayuPicchu und die umliegenden Berge, resp. den
Dschungel. Das Runtersteigen dann für mein Knie wiederum kein Zuckerschlecken,
aber der Weg hatte sich wirklich gelohnt. Den restlichen Nachmittag noch
gemütlich durch die Ruinenstadt tummeln und pünktlich zur Zugabfahrt runter
nach Aguas Calientes.
Machu Picchu, im Hintergrund der heilige Berg Huayna Picchu |
Sonnenuhr der Inka's |
im Hintergrund der Berg "Machu Picchu" |
Strasse von Aguas Calientes zum Machu Picchu |
Tja, wir hatten allerdings Pech und die Lokomotive
verweigerte mit Motorenproblemen den Dienst und wir mussten 2.5St.d auf eine
Ersatzlokomotive warten. Ich habe mich wieder einmal amüsiert, wie sich einige
der Gäste fürchterlich darüber aufregen konnten. Reine Energieverschwendung,
konnten doch die Zugbegleiter auch nichts dafür und taten ihr bestes, uns mit
Kaffee und Knabbereien bei Laune zu halten. So kamen wir schlussendlich erst
nachts um Eins in Cusco an. Egal, die nächsten beiden Tage heisst es ja eh
ausschlafen, Cusco erkunden und die kommenden Tage planen.
Cusco ist Provinzhauptstadt, liegt auf 3416MüM und hat rund
350‘000 Einwohner. Bereits seit 1983 zählt Cusco zu den Unesco-Welterbestätten.
Cusco heisst in der Quechua-Sprache – die Ureinwohner dieses Gebietes – „Nabel
der Welt“ und wurde der Sage nach um 1200 vom ersten Inka Manco Càpac (Sohn der
Sonne) gegründet, zusammen mit seiner Schwester Mama Oclio. Cusco ist heute
wirtschaftlich und auch touristisch das Zentrum dieser Gegend. Da es nicht
Hochsaison ist, ist der Touristenstrom recht angenehm, auch die
Strassenverkäufer halten sich in Grenzen. So tummle ich gemütlich in der Stadt
rum, lass meine Wäsche waschen und fröne meinem Städte-Lieblingshobby: Menschen
beobachten J Am
Sonntag komme ich sogar in den Genuss einer Parade: das Hissen der beiden
Fahnen (Peru & Cusco) werden heute speziell zelebriert. Die Stadtpräsidentin
und der Abgeordnete der Provinz Cusco dürfen die Fahnen raufziehen, derweil von
der hiesigen Musikband die jeweiligen Hymnen gespielt werden. Bei der
Peru-Hymne stehen wirklich alle Leute auf und singen mit Inbrunst mit; die
Peruaner sind stolz auf ihr Land und auf ihre Inka-Vergangenheit. Dazu kommt
dann noch eine Parade der verschiedenen Schulen und Kinder repräsentieren
verschiedene Länder, passend gekleidet natürlich. Ich habe nicht mitbekommen,
was der Grund für diese Parade war. Es gefällt mir hier in Cusco. Obwohl auch
sehr touristisch, versprüht die Stadt einen Charme, der sich mir bisher in
keiner Stadt so offenbart hat.
Vorausgesetzt, es rasselt nicht wieder ein
derart heftiges Gewitter wie gestern über die Stadt, werde ich den Nachmittag
rumtummelnd verbringen und treffe mich dann am Abend mit Ira auf ein Bier, die
heute mit einem anderen Deutschen Motorrad-Kollegen in Cusco eintreffen wird.
Morgen dann rechtzeitig in Richtung Titicacasee – womit meine Tage in Peru auch
schon bereits wieder gezählt sind……leider. Mal abgesehen vom Fahrstil gefällt
es mir in Peru ausnehmend gut, auch hier könnte man locker 1-2 Monate (oder
länger) verbringen, so viele schöne und interessante Gebiete und
Sehenswürdigkeiten gäbe es zu entdecken. Aber ich freue mich an dem, was ich
sehen und erleben konnte. Und freue mich natürlich nun zuerst mal auf die
verbleibenden 4 Wochen, die ich noch in Südamerika verbringen werde.
Hasta luego mi amigos