Freitag, 12. Juli 2019

SuyzBlue goes east 2019: KasachstanTeil 2: Nationalparks in Kürze; 02. - 06.07.

Ich picke mit diesem Kasachstan-Blog quasi ein paar Rosinen mitten aus einem herrlichen Kuchen; Kirgistan ist ein unglaublich faszinierendes Land und ich werde noch bis Anfang August hier unterwegs sein. Nach Kasachstan mache ich quasi nur nochmals einen kurzen Abstecher, da ich Mitte Juli ja noch Besuch kriege und meine Tour entsprechend etwas angepasst habe.

Nach Karakol führt die Strasse - wieder einmal eine Mischung zwischen Schotter und "ich war mal asphaltiert" - in vielen entspannten Kurven zur Grenze nach Kasachstan. Schon bald erkenne ich in der Ferne zwei Motorräder. Da ich etwas zügiger unterwegs zu sein scheine, kann ich beim Näherkommen auch schon bald erkennen, dass ich die beiden ja kenne. Es sind Vreni und Werner aus der Schweiz, beide mit Oldtimern - einer Ducati und einer Condor - unterwegs. Wir machen kurzerhand eine kleine Pause, setzen uns ins Gras und tauschen uns über unsere bisherige Reise aus. Da wir zumindest für diesen Tag das gleiche Ziel haben, fahren wir anschliessend gemeinsam weiter.  Der Grenzübergang ist sehr klein und  entsprechend schnell erledigt; die Beamten sind zwar gründlich und korrekt, aber total freundlich und scheinen sich über uns Motorradfahrer zu amüsieren.






Nachdem wir uns im ersten Dorf sowohl mit Benzin wie auch mit Kasachischem Geld eingedeckt haben, geht's weiter in Richtung Charyn Canyon. Wir fahren direkt in den Nationalpark, wo uns der Wächter bei der Barriere erklärt, dass man mit den Motorrädern nicht mehr zur Schlucht runterfahren könne. Naja, wir sehen uns zuerst mal den Aussichtspunkt an und entscheiden dann, was wir weiter machen. Es wird uns aber schnell klar, dass wir schon sehr gerne runter möchten, zu beeindruckend sind die Felsformationen. Ein polnischer Tourist erklärt sich bereit, uns in seinem Mietauto mit zu nehmen. Hmmmm.... ich mache ihn darauf aufmerksam, dass wohl nur 4x4-Wagen da runter kommen. Als er die Piste sieht, wird er doch auch unsicher und so fahren wir nochmals zum Eingang und fragen nach. "Nein, nein, es dürfen keine Touristenfahrzeuge mehr runter fahren. Nur noch die Ranger".... ok. Die Information hätten sie dem jungen Mann auch gleich von Anfang an geben können. Die mind. 3km in voller Motorradmontur und mitsamt dem Zeltgepäck runter zu laufen kommt für uns nicht in Frage. Freundlich fragen wir nach, ob uns denn ein Ranger runter fahren könnte. Nach etlichem Feilschen und liebem Augenzwinkern fährt uns tatsächlich ein Ranger runter - gegen ein entsprechendes Entgelt logischerweise.
Im Canyon beziehen wir drei einen kleinen Bungalow und machen nach dem Abendessen noch einen Spaziergang durch den Canyon. Unglaublich, diese Felsen, diese riesigen Brocken, bei denen man teilweise den Eindruck hat, dass es nur noch einen Lufthauch braucht, dass sie zum Canyon runter donnern.









Da Vreni und Werner am nächsten Tag weiter fahren, stelle ich am Morgen mein Zelt  auf und geniesse einen faulen Tag mit spazieren, sönnele und einer kurzen Abkühlung im eiskalten Fluss. Leider windet es den ganzen Tag recht heftig und so finde ich am Abend mein Zelt - und damit Schlafsack, Kleider, etc. halb mit schwarzem, feinem Sand zugedeckt. Na prima. Ich schaffe es grad noch, alles auszuschütteln und das Zelt halbwegs vom Sand zu befreien, bevor ein veritables Gewitter losgeht. Davon lasse ich mich aber nicht weiter stören, ich liege im Zelt und informiere mich über mein nächstes Ziel, den Altyn Emel Nationalpark.



Weiter geht's dann am nächsten Tag - gottlob schon bald wieder bei schönstem Sonnenschein (und entsprechenden Temperaturen) zum rund 200km entfernten Dorf Basshi, das mir als Ausgangspunkt für die wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Altyn Emel Nationalparks dient. Nachdem ich das auf meiner Karte eingezeichnete Hotel auf Anhieb nicht finde, frage ich einen Einheimischen (mit den entsprechenden Gesten), ob er wisse, wo es hier ein Hotel gebe. Er winkt mir zu, ich solle ihm nachfahren. Zielstrebig führt er mich die paar Meter zu sich nach Hause. Wieder einmal eine Familie, die einen Teil ihres Hauses in ein Hostel umgewandelt hat. Das ist mir genauso recht; die Zimmer sind sauber, der Preis sowieso ok und so kann ich die Einheimsichen direkt ein bisschen unterstützen. Es ist mir immer noch schleierhaft, von was die Menschen hier leben. Ich lade nur kurz die Zeltrolle ab und mache mich dann gleich auf den Weg zur 1. Sehenswürdigkeit: die singende Düne. Dazu muss ich aber zuerst mal 50km Schotterpiste hinter mich bringen; das wäre eigentlich auch gar nicht weiter schlimm, nur sind davon etwa 40km reinste Wellblechpiste. Ich komme zeitweise ganz schön ins Schwitzen, wenn ich mit 60-70kmh da drüber brettere - langsamer würde das Gerüttel sowohl mich wie auch mein Motorrad komplett zerlegen -  und dann plötzlich wieder 10-20 Meter lange Stellen mit Sand oder tiefem Schotter auftauchen. Das Vorderrad und das Hinterrad schwänzeln rum, aber verlangsamen wäre fatal. Also Augen zu und durch ist hier mein Mantra.
 


Der Anblick der riesigen Sanddüne mitten in der Steppe entschädigt mich aber für die holprige Anfahrt. Die Düne ist rund 120m hoch und ca.3km lang. Und dies mitten in der ansonsten total flachen Steppe. Spannenderweise ist die Düne nach wie vor am wachsen, der nahe gelegene Fluss generiert das dazu nötige Material. Bei entsprechendem Wind und trockenen Verhältnissen "hört" man die Bewegungen der Düne. Leider verschliesst sich mir dieses Vergnügen, aber die Düne allein ist schon beeindruckend. Ich schaffe es in voller Motorradmontur nicht, ganz rauf zu laufen und genüge mich mit ca.1/3. Aber schon von da ist die Aussicht wieder phantastisch.
Nach einer kurzen Trinkpause fahre ich zurück nach Basshi. Diesmal meistere ich die Piste schon wesentlicher mutiger ;-)









Im Hostel angekommen werde ich grad noch Zeuge, wie der Familienvater eine grosse Ziege zerlegt, mitten im Hof und mit eifriger Hilfe eines seiner kleinen Söhne. Und wie ich richtig vermute, ist das frisch gewonnene Fleisch dann auch Bestandteil beim Abendessen vom nächsten Tag. Auch wenn das ganze Prozedere für uns etwas gewöhnungsbedürftig ist und den Hygienestandards wohl kaum standhalten würde, schmeckt das Fleisch richtig lecker.



Am nächsten Tag fahre ich dann zur 2. Sehenswürdigkeit, den sogenannten "red rocks" und den Katautau-Felsformationen. Nachdem ich mich brav beim Checkpoint gemeldet habe und die ältere Frau minutiös alle meine Angaben von Hand in ein dickes Buch eingetragen hat, fahre ich los. Wieder stehen 80km Schotter-Wellblechpiste an, aber das kann mich inzwischen ja nicht mehr abschrecken. Die Felsen sind natürlich schon von weitem zu sehen, aber erst von Nahem sieht man dann tatsächlich die spannenden Farbenspiele und unterschiedlichen Formen. Ich bin mutterseelenallein und geniesse die totale Stille in dieser unwirklich scheinenden Umgebung.







Bevor ich dann nach Basshi zurückkehre, mache ich noch einen kurzen Abstecher zu einer weiteren Sehenswürdigkeit. Es handelt sich um eine 700 Jahre alte Weide, die der Sage nach Glück bringt, wenn man sie umarmt und sich dabei etwas wünscht. Schon Dschingis Khan habe darum gewusst und deshalb die Weide auf seinen Eroberungszügen besucht. Bei der Weide, die inzwischen stark gestützt und auch bereits sehr alte "Töchter" hat, lebt eine Kirgisische Familie. Da ich kurz vor ihrem Mittagessen ankomme, werde ich wie selbstverständlich an den Tisch gebeten. Die Grosseltern, der Vater und seine 4 Kinder geniessen ein einfaches Mittagessen: frisch frittiertes "Brot" (ähnlich einem Bierteig), selbst gemachte Konfitüren, richtiges frisches Brot und in Butter schwimmende warme "Zwiebelschweitze". Diese wird direkt mit dem Löffel gegessen und dazu immer ein bisschen Brot geknabbert. Und natürlich gibt es den obligaten Chai in rauhen Mengen. Kaum ist meine Tasse ansatzweise leer, wird sie von der Grossmutter wieder aufgefüllt. Alles sehr einfach, aber total lecker und einfach sehr herzlich. Da ich mich mit ihnen ja leider nicht unterhalten kann, zeige ich ihnen auf meinem Tracker, woher ich gekommen und welchen Weg ich bisher gefahren bin. Da staunen sie natürlich gewaltig. Sie würden mich am liebsten da behalten, aber da ich meine restlichen Sachen ja in Basshi habe, mache ich mich dann nach einer kurzen Spielrunde mit den Kindern auf den Weg.






Am nächsten Morgen mache ich mich dann schon früh wieder auf die Rückfahrt nach Kirgistan. Und wie es der Zufall will, treffe ich unterwegs die beiden Deutschen Hilmar und Christian wieder, die ich in Usbekistan kennen gelernt hatte. Mangels Alternativen halten wir halt einen ausgedehnten Schwatz am Strassenrand - bis uns dann die Hitze doch wieder auf die Motorräder steigen lässt. Mit dieser schönen Begegnung schliesse ich meinen "Ausflug" nach Kasachstan ab.  Ich bin froh, habe ich diese "Zusatzschlaufe" gemacht; die Begegnungen und tollen Landschaften waren jeden Kilometer wert.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen