Nach Karakol führt die Strasse - wieder einmal eine Mischung zwischen Schotter und "ich war mal asphaltiert" - in vielen entspannten Kurven zur Grenze nach Kasachstan. Schon bald erkenne ich in der Ferne zwei Motorräder. Da ich etwas zügiger unterwegs zu sein scheine, kann ich beim Näherkommen auch schon bald erkennen, dass ich die beiden ja kenne. Es sind Vreni und Werner aus der Schweiz, beide mit Oldtimern - einer Ducati und einer Condor - unterwegs. Wir machen kurzerhand eine kleine Pause, setzen uns ins Gras und tauschen uns über unsere bisherige Reise aus. Da wir zumindest für diesen Tag das gleiche Ziel haben, fahren wir anschliessend gemeinsam weiter. Der Grenzübergang ist sehr klein und entsprechend schnell erledigt; die Beamten sind zwar gründlich und korrekt, aber total freundlich und scheinen sich über uns Motorradfahrer zu amüsieren.
Nachdem wir uns im ersten Dorf sowohl mit Benzin wie auch mit Kasachischem Geld eingedeckt haben, geht's weiter in Richtung Charyn Canyon. Wir fahren direkt in den Nationalpark, wo uns der Wächter bei der Barriere erklärt, dass man mit den Motorrädern nicht mehr zur Schlucht runterfahren könne. Naja, wir sehen uns zuerst mal den Aussichtspunkt an und entscheiden dann, was wir weiter machen. Es wird uns aber schnell klar, dass wir schon sehr gerne runter möchten, zu beeindruckend sind die Felsformationen. Ein polnischer Tourist erklärt sich bereit, uns in seinem Mietauto mit zu nehmen. Hmmmm.... ich mache ihn darauf aufmerksam, dass wohl nur 4x4-Wagen da runter kommen. Als er die Piste sieht, wird er doch auch unsicher und so fahren wir nochmals zum Eingang und fragen nach. "Nein, nein, es dürfen keine Touristenfahrzeuge mehr runter fahren. Nur noch die Ranger".... ok. Die Information hätten sie dem jungen Mann auch gleich von Anfang an geben können. Die mind. 3km in voller Motorradmontur und mitsamt dem Zeltgepäck runter zu laufen kommt für uns nicht in Frage. Freundlich fragen wir nach, ob uns denn ein Ranger runter fahren könnte. Nach etlichem Feilschen und liebem Augenzwinkern fährt uns tatsächlich ein Ranger runter - gegen ein entsprechendes Entgelt logischerweise.
Im Canyon beziehen wir drei einen kleinen Bungalow und machen nach dem Abendessen noch einen Spaziergang durch den Canyon. Unglaublich, diese Felsen, diese riesigen Brocken, bei denen man teilweise den Eindruck hat, dass es nur noch einen Lufthauch braucht, dass sie zum Canyon runter donnern.
Da Vreni und Werner am nächsten Tag weiter fahren, stelle ich am Morgen mein Zelt auf und geniesse einen faulen Tag mit spazieren, sönnele und einer kurzen Abkühlung im eiskalten Fluss. Leider windet es den ganzen Tag recht heftig und so finde ich am Abend mein Zelt - und damit Schlafsack, Kleider, etc. halb mit schwarzem, feinem Sand zugedeckt. Na prima. Ich schaffe es grad noch, alles auszuschütteln und das Zelt halbwegs vom Sand zu befreien, bevor ein veritables Gewitter losgeht. Davon lasse ich mich aber nicht weiter stören, ich liege im Zelt und informiere mich über mein nächstes Ziel, den Altyn Emel Nationalpark.
Weiter geht's dann am nächsten Tag - gottlob schon bald wieder bei schönstem Sonnenschein (und entsprechenden Temperaturen) zum rund 200km entfernten Dorf Basshi, das mir als Ausgangspunkt für die wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Altyn Emel Nationalparks dient. Nachdem ich das auf meiner Karte eingezeichnete Hotel auf Anhieb nicht finde, frage ich einen Einheimischen (mit den entsprechenden Gesten), ob er wisse, wo es hier ein Hotel gebe. Er winkt mir zu, ich solle ihm nachfahren. Zielstrebig führt er mich die paar Meter zu sich nach Hause. Wieder einmal eine Familie, die einen Teil ihres Hauses in ein Hostel umgewandelt hat. Das ist mir genauso recht; die Zimmer sind sauber, der Preis sowieso ok und so kann ich die Einheimsichen direkt ein bisschen unterstützen. Es ist mir immer noch schleierhaft, von was die Menschen hier leben. Ich lade nur kurz die Zeltrolle ab und mache mich dann gleich auf den Weg zur 1. Sehenswürdigkeit: die singende Düne. Dazu muss ich aber zuerst mal 50km Schotterpiste hinter mich bringen; das wäre eigentlich auch gar nicht weiter schlimm, nur sind davon etwa 40km reinste Wellblechpiste. Ich komme zeitweise ganz schön ins Schwitzen, wenn ich mit 60-70kmh da drüber brettere - langsamer würde das Gerüttel sowohl mich wie auch mein Motorrad komplett zerlegen - und dann plötzlich wieder 10-20 Meter lange Stellen mit Sand oder tiefem Schotter auftauchen. Das Vorderrad und das Hinterrad schwänzeln rum, aber verlangsamen wäre fatal. Also Augen zu und durch ist hier mein Mantra.
Nach einer kurzen Trinkpause fahre ich zurück nach Basshi. Diesmal meistere ich die Piste schon wesentlicher mutiger ;-)
Im Hostel angekommen werde ich grad noch Zeuge, wie der Familienvater eine grosse Ziege zerlegt, mitten im Hof und mit eifriger Hilfe eines seiner kleinen Söhne. Und wie ich richtig vermute, ist das frisch gewonnene Fleisch dann auch Bestandteil beim Abendessen vom nächsten Tag. Auch wenn das ganze Prozedere für uns etwas gewöhnungsbedürftig ist und den Hygienestandards wohl kaum standhalten würde, schmeckt das Fleisch richtig lecker.
Am nächsten Morgen mache ich mich dann schon früh wieder auf die Rückfahrt nach Kirgistan. Und wie es der Zufall will, treffe ich unterwegs die beiden Deutschen Hilmar und Christian wieder, die ich in Usbekistan kennen gelernt hatte. Mangels Alternativen halten wir halt einen ausgedehnten Schwatz am Strassenrand - bis uns dann die Hitze doch wieder auf die Motorräder steigen lässt. Mit dieser schönen Begegnung schliesse ich meinen "Ausflug" nach Kasachstan ab. Ich bin froh, habe ich diese "Zusatzschlaufe" gemacht; die Begegnungen und tollen Landschaften waren jeden Kilometer wert.
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